30. Oktober 2008

man on wire: philippe petit


er ist einer der genialsten künstler der gegenwart: philippe petit, ein begnadeter seiltänzer, eine lebende legende, ein revolutionär der lüfte. jetzt kommt sein grösster coup in die kinos: ein ilegaler seillauf von 1974 zwischen den twin towers in new york.

ilegal heisst: unbemerkt auf die türme schleichen, eine seilanlage (1 tonne gewicht) reinschmuggeln, installieren (über nacht) und dann drüberlaufen (417 m höhe, ungesichert). das alles bevor dich die polizei verhaftet. – unmöglich, denkt man.

petit bereitete sich sechs jahre auf diesen ilegalen wahnsinnslauf vor. noch während dem bau der twin towers recherchierte er, wie er das seil unbemerkt nach oben bringen und wo resp. wie er es verankern kann. er schaffte es sogar, sich als journalist auszugeben und den bauleiter der twin towers zu statischen details zu interviewen. zudem galt es, eine tonne material unbemerkt auf die dächer zwei der bestbewachten gebäude der welt zu bringen.

1974 war es soweit. petit schlich sich zusammen mit sechs kumpels, verkleidet als delivery mens und mit gefälschten ausweisen, in das gebäude. erst lange nach einbruch der dunkelheit konnten sie mit der montage der seilanlage beginnen. zuerst wurde mit pfeil und bogen ein dünnes und leichtes seil von einem turm zum andern geschossen. daran zogen sie das stahlseil in die gegenrichtung und fixierten es. darüber hinaus waren vier abseglungen anzubringen, die normalerweise am boden verankert werden.

hier ein einduck vom "gelände", mit dem sie es zu tun hatten:


und hier eine skizze, wie seil und abseglungen anzubringen waren:


mit anderen worten: eine mehrstündige kletter- und montageaktion am rand der 417 meter hohen towers. das war sicher kein schleck.

petit lief nach einer langen und anstrengenden nacht morgens kurz nach 7 uhr sechs mal zwischen den türmen hin und her, er brauchte dafür 45 minuten. selbstverständlich nicht ohne auf dem seil abzusitzen, sich hinzulegen, darauf zu knien und einbeinig zu stehen (der zweite fuss liegt an der wade) – den standardfiguren der gehobenen hochseilkunst. selbstverständlich ungesichert.

tausende von menschen im finanzdistrikt, auf dem weg in die büros, schauten zu. die weltpresse war vor ort, radiostationen berichteten live (hier ein tondokument hören).

am ende seines legendären auftritts wurde petit verhaftet und später vor gericht gestellt. wegen der enormen publizität und seiner aussergewöhnlichen, weltweit anerkannten leistung wurde er lediglich zu einer gratisvorstellung für new yorks kinder verurteilt – die er im central park mit einem seillauf über den belvedere lake einlöste.

petit hat sein kunstwerk auch signiert:


dem genialen twin tower frühwerk gingen zwei weitere spektakuläre und ilegale läufe voran:

1971 zwischen den türmen der kathedrale notre dame in paris:



und 1973 über die sydney harbour bridge (der kleine punkt zwischen den türmen):



schrägseil zum eiffelturm

ein verrückter, dachten wohl die behörden von paris, als petit um eine bewilligung für einen schrägseillauf auf die zweite etage des eiffelturms bat. über 15 jahre kämpfte er dafür. immer wieder krebsten die behörden unter fadenscheinigen vorwänden zurück, obwohl petit alle technischen anforderungen für die ca. 800 m lange seilanlage erfüllte und bis hinters koma beweisen konnte, dass dem guten alten turm kein noch so kleines teil gekrümmt wird und statisch alles im grünen bereich liegt.

es klappte dann 1989. unter dem damaligen bürgermeister jacques chirac und zum 200. geburtstag der deklaration der menschenrechte.


das schrägseil ist sozusagen die königsdisziplin der seiltänzer, weil der artist dabei die knie beugen muss, was die haltung des gleichgewichts enorm kompliziert.

petits seillauf zum eiffelturm (2. etage, 800 m distanz, ca. 1 stunde) wurde von 250'000 menschen bestaunt und von der weltpresse gefeiert. er hat das projekt (und andere) in seinem eindringlichen buch "über mir der offene himmel" beschrieben – radikal, philosophisch, poetisch.

es beginnt so:


petit publiziert in diesem buch auch seine fantastischen regie-skizzen:


auch in der schweiz hat philippe petit ende der 70er einen hochseillauf gemacht und zwar im rahmen eines workshops an der scuola teatro dimitri in verscio/tessin. er lief über die maggia (vielleicht war es auch ein anderer fluss), über mehrere hundert meter distanz.

neben seinen spektakulären ilegalen seilläufen trat petit immer wieder an grossen und aussergewöhnlichen events auf. so z.b.:

- 1975 zur eröffnung des superdome in louisiana, dem damals grössten gedeckten stadion der welt.
- 1986 zur wiedereröffnung der renovierten freiheitsstatue in new york.
- 1991: VIENNALEWALK (Austria) High wire performance evoking the history of cinema for the opening of the Vienna International Film Festival under the direction of Werner Herzog.
- 2002 spazierte er für david letterman über den broadway

aktuell plant der 59jährige ausnahmeartist gerade seilläufe über die bucht von sydney, über die vulkanischen landschaften der osterinseln (als hommage an die rapa nui und ihre gigantischen steinstatuen) und einen gang über den little colorado river, 1200 fuss weit, 1600 hoch.

neben diesen grossereignissen – sie sind mit immensem technischen und logistischem aufwand verbunden – tritt philippe petit immer noch und immer wieder spontan in parks auf. in grundsolider komödiantenmanier spannt er ein schlappseil zwischen baum und kandelaber, zeigt eine kleine soloshow, geht mit dem hut herum und verschwindet wieder. viele seiner zuschauer wissen gar nicht, was für einem crack sie da zuschauen.

hier ein video von einem solchen auftritt:



der twin towers dokumentar-krimi man on wire kommt demnächst in die kinos. hier schon mal der trailer:



und eine schöne fotostrecke gibts hier.

bildquellen: die hier verwendeten bilder schwirren wild im netz herum, wir danken den autoren ;-)

+ + + + +

update 4.1.09: der film startet in der deutschschweiz am 12.3.09 > cineman.ch
.

23. Oktober 2008

tschäpp@


um das millennium herum meinte jeder fünfte grafiker oder photoshopler, er müsse irgendwo in seiner headline oder seinem firmennamen das damals äusserst hippe zeichen @ hinpappen. so wie heute jeder irgendwie noch ein 2.0 oder ein beta an seine online bude anmalt. grauenhaft.

jetzt kommt der berner stadtpräsident alexander tschäppätt in seinem wahlkampf wieder mit dem ollen @. ein echter berner, zehn jahre zu spät, könnte man meinen. doch etwas ist anders. tschäpätt heisst wirklich tschäpp@ und das @ kommt erst am schluss. soweit ist das wortspiel sinnig und stimmig.

mit dem altmodischen @ markiert er bodenständigkeit im umgang mit dem internet. vermutlich mailt er sogar selber. nur – er hätte mehr aus der idee machen müssen. konsequent weitergedacht hätte er z.b. die domain bärn.ch kapern müssen und dann mit tschäpp@bärn.ch kommen können.

hat er aber nicht. er hat eigentlich gar nichts. der gute verzichtet nicht nur auf plakate, postkarten und gadgets, sondern auch auf eine website. er hat zwar eine unter der etwas anmassenden domain stapi.ch, aber dort kann man lediglich sein einzigstes werbemittel bestellen – einen stapi-stadtplan. print only.

stapi stadtplan? wer heute nicht die berner tagespresse studiert hat (tschäpp@ hat einen plan), muss das ding auf gut glück bestellen, um zu erfahren, was es ist. ansonsten hats auf dieser website sozusagen rein gar nix, nicht mal sein voller name steht da irgendwo. neuzuzüger, touristen und holländische schurnis stehen hier voll im schilf.

ob der slogan weiter so wiklich der richtige ist, ist sicher geschmackssache. er würde auch für einen svpler gut passen und ist etwa gleich bieder wie der von newsnetz (nichts verpassen). insofern nix gross falsch daran, hüstel.

für einen politiker, der ohne nennenswerte konkurrenz zur wiederwahl antritt, passt der slogan perfekt. auch wenn er nicht mal halb so gut ist, wie z.b. ein ähnlicher von valser: alles wird besser, valser bleibt gut. – so gesehen ist es auch egal, dass der slogan auf tschäpp@'s houmpeitsch nicht wieder vorkommt.

dort steht wie gesagt sozusagen rein gar nix, weil der long time stapi eh gewählt wird und ergo für seinen wahlkampf 08 nur 40'000 bucks locker macht und die gehen weitgehend für die druckerei und das austragen der stapi stadtpläne in alle haushaltungen drauf.

was will man da noch gross mit einer houmpeitsch?
.

22. Oktober 2008

swissman by zgraggen schagg


zgraggen schagg stellt die richtigen fragen zur richtigen zeit:

Kann Swissman die Schweiz retten? Oder versinken wir in Armut? Müssen wir nach Darfur auswandern?

seine antwort ist epochal einfach. und ein grosses lesevergnügen.

btw: mein interview mit zgraggen schagg vom august 2006 ist immer noch das einzige, das je mit dem schillernden berglerblogger geführt wurde (er gibt keine interviews mehr). dort sagt er u.v.a.: Es gibt einen chinesischen Fluch: "Mögest du in interessanten Zeiten leben."

via ugugu
.

21. Oktober 2008

finanz 9/11 schöpft neue worte


woher haben die eigentlich immer diese neuen worte wie z.b. hier bei SpOn die praktische neuschöpfung "bankster"?

na von hier ;-)
.

17. Oktober 2008

miriam meckel: professoral dilettieren 1.0


nicht nur die medienbranche hinkt der entwicklung im web hoffnungslos hinterher. auch in lehre und forschung döst man flott vor sich hin.

miriam meckel kennt man vor allem aus der klatschpresse, weil sie die lebensabschnittspartnerin von anne will ist, der deutschen moderatorin mit gleichnamigem wellnesstalk.

frau meckel ist:

Professorin für Corporate Communication und geschäftsführende Direktorin am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen, Schweiz und Beraterin für Kommunikationsmanagement und Public Affairs.

toll. kürzlich war sie gast bei focus. wo sie u.a. ausführlichst davon erzählte, dass sie selbstverständlichsterweise auch bloggt und twittert. das gehöre für sie ja quasi berufshalber dazu. finde ich auch.

also mal vorbeischauen was die frau kommunikationsprofessorin so macht im web

… und wiedermal die köstliche leere von purer ernüchterung spüren:

• ganz zuoberst, dort man wo auf jeder website eine art header findet, tut sie etwas, was schon lange out ist und v.a. die aufmerksamkeit vom eigentlichen kontent ablenkt: sie streamt zitate in jeden seitenaufruf. als ob das nicht schon schlimm genug wäre, ersetzt dieses uninspirierte pfadfindergimmick tatsächlich den ganzen header. kein wort darüber, wem diese website gehört, kein logo, keine wortmarke, nix. auf der ganzen startseite null absender. – für eine professorin in mediadings schon mal oberpeinlich.

• direkt darunter empfängt die gute ihre leser mit einem bild mit null professoralem anspruch. das könnte genauso gut eine sekretärin von procter & gamble oder eine nebendarstellerin in einer ärztesoap sein. weiter hinten, auf fünf von sieben unterseiten kommen dann noch weitere bilder, immer oben links. man bekommt schwer den eindruck, dass der frau professorin das rumschleppen in der klatschpresse gar nicht so unrecht ist.

• dann kommt der erste satz unter dem titel "worum es geht". nicht nur dieser titel ist irgendwie suboptimal: Hier habt Ihr die Gelegenheit, Eure Gedanken loszuwerden und neue Ideen in den Webdiskurs einzuspeisen. soso, loswerden + einspeisen. in den webdiskurs. aber klar doch. – man fragt sich unweigerlich, ob die publikationswütige superfrau ihre bücher wirklich selber schreibt. oder ihr blog von erstsemesterstudis gehandelt wird.

• dann, wir sind immer noch in der seitenleiste, kommt schon mal werbung für frau meckels neuestes buch. find ich für eine professorin etwas gar aufdringlich.

• heiter weiter gehts mit der erwähnung einer kruden auszeichnung, deren wertigkeit sich mir erst beim zweiten hingucker erschlossen hat. #berner

• gut ist, dass die startseite gleich mit dem blog losgeht (die website der zukunft wird ein blog sein, hat turi mal gesagt). aber wo sind hier die comments? ah ja, man muss den beitrag zuerst anklicken, dann kommen sie. hätt ich natürlich von anfang an getan, wenn ich unter dem beitrag standardmässig gelesen hätte: comments: 128.

• 128 comments? boah... aha, die studis speisen sich mit hunderten von beiträgen in den webdiskurs ein und werden ihr zeugs los. supi. und voten die frau professor bei diesem ominösen superblog award hoch. oder ist das eine unverschämte behauptung? egal, als professor würd ich so einen gevoteten klitschenpreis nicht mal zuhinterst in meinem blog erwähnen.

• die blogroll heisst bei frau professor links. auch gut, kann man machen. aber mit diesen links können sie es auch lassen frau meckel. spiegel online und die new york times finden wir auch sonst. motto: entweder eine gepflegte blogroll oder keine.

für eine professorin in kommunikationsdings doch etwas gar dilettantisch das alles, finde ich.

aber vielleicht läufts ihr ja bei twitter besser. dort kann man ja nicht viel falsch machen.

denkste. hier kommt das gewisse nichts in reinkultur: am 30. april 08 hat sie den account (mit ganzkörperfoto) eröffnet. seither gibts dort gerade mal 1 tweet und 38 followers. frau professor selbst followt vier leuten, darunter barack obama (2x) und hillary clinton. zudem, nennt sie sich hier plötzlich nicht mehr professorin für corporate communication, sondern professor for media management. wie jetzt? schon mal was von corporate wording gehört? MAN MUSS ES ÜBERALL GLEICH HINPAPPEN, FRAU MECKEL.

irgendwie passt es, dass die frau professorin auch noch in der jury für den deutschen fernsehpreis sitzt, der von reich-ranicki kürzlich grandios abgelehnt worden ist, weil da grösstenteils nur schrott ausgezeichnet wird. interessant, wie sie in dieser jury dem alten oberlästerer kontert. irgendwas von qualität steht da.

natürlich schreibt sie zu dieser brisanten story auch in ihrem blog einen eher tv-freundlichen eintrag (119 comments). ganz ohne disclosure. qualitativ nicht sauber, frau mediadings. (und das ausrufezeichen im titel ist sowas von bäähh...., ums mal kommunikativ in der gassensprache zu sagen).

ich werde jetzt glaubs auch professor. doktoriert wurde ich ja schon. kennt jemand ne passende uni?

bis es soweit ist, frau meckel, empfehle ich ihnen dringend das hier.
.

eilmeldung: gott war ein prokrastinator



ein top clip für ein top buch. den rest erklär ich euch später.

via prokrastination.com
.

productplacement bei 20min

super, frau toloy, sie machen das ganz gut. sie sind eine gute miss schweiz. sie setzen sich auf jedes noch so schepps in ihre wohnung gestellte sofa. ich hoffe, dass sie dieses teure ding nicht das ganze jahr rumschleppen müssen. oder es wenigstens behalten können.

gar nicht super macht ihr das, 20min, plumper kann man es nicht mehr machen. das sofa steht so schepps im raum, dass noch der letzte einrichtungsmuffel merkt, dass es da nicht hingehört.

und natürlich müsst ihr es noch von der rückseite zeigen, wo die krasse fehlverortung noch deutlicher wird:

klarer fall von productplacement, wenn auch schuderhaft plump gemacht. die frage, ob das den standesregeln der medienbranche noch gerecht wird, erübrigt sich. diese regeln werden heutzutage immer mehr verletzt. erstaunlicherweise selbst von ehemaligen qualitätsverlagen wie z.b. der tamedia. wie z.b. auch dieser fall zeigt.
.

14. Oktober 2008

paul krugmann: erster blogger mit nobelpreis

a funny thing nennt der gute seinen nobelpreis. – paul krugman ist, so behaupte ich einfach mal, der erste blogger mit nobelpreis. zwar nicht fürs bloggen (haha), aber immerhin ist er einer von uns. einer ist immer der erste. wie moritz leuenberger weltweit der erste bloggende medienminister war (behauptung nr. 2). anyway: die sache kommt langsam in schwung … ;-)

via basic thinking
.

facts 2.0 für big brother award nominiert


dr. bugsierer hats schon immer gesagt: das kommt nicht gut.

jetzt hat facts 2.0 resp. die tamedia auch noch eine nomination des big brother awards am hals (kategorie business). wegen mitlesens von privaten mails der user.

die gewinnerinnen und gewinner werden am kommenden samstag in bern bekanntgegeben.

wir halten die daumen.
.

12. Oktober 2008

finanz 9/11: fragmentarisch rumdenken


mehr als ein bisschen fragmentarisch rumdenken zu diesem finanz 9/11 kann man ja nicht. zu volatil das alles. die nachrichten von soeben sind grad mal so relevant wie noch kürzlich die zeitung von vorgestern. verschiedene online medien haben auf die irre newskadenz an den zusammenbrechenden finanzmärkten reagiert und sog. krisenticker installiert. wie an sportveranstaltungen, wo die lage minütlich ändert. cool. ich schlage "krisenticker" zum wort des jahres vor.

als im oktober 1991 die spar und leihkasse in thun hopps ging, sinnigerweise auch im zuge einer immobilienkrise, ging ein beben durchs berner oberland, ein zittern durch die schweiz und ein raunen durch die weltmedien. damals standen die sparer auch in thun schlange vor den bankschaltern, wollten ihr geld und kriegten es nicht.

ein image gau für das hiesige bankwesen. man stand kopfschüttelnd und sprachlos vor ausgerechnet dem fiasko, das man gerade in der schweiz nie für möglich gehalten hätte. dass hier eine bank hopps gehen könnte, war schlicht nicht vorstellbar. hier nicht. man kann schliesslich auch das matterhorn nicht verschieben. unmöglich.

heute machen uns die geldsäcke geschossartig klar: thun war nur ein lauer wellnesskonkurs. heute crashen weltbanken und der rest der finanzindustrie wird gerade irgendwie verstaatlicht. innert tagen. falls die akut geforderten kleinstaaten nicht auch schon pleite sind, wie gerade island. wir erleben gerade weltgeschichte. wie toll.

im tagesanzeiger ein grosses interview mit 2 psychiatern. endlich mal ein anderer blickwinkel. tenor: die psychiatrischen dienste werden von bankern überrannt. ähnlich wie die edelnutten. gestrandete aus der finanzindustrie stürmen an beiden orten die sprechstunden. die zürcher ärzte betonen allerdings:

Es ist nicht die primäre Aufgabe der Psychiatrie, das Vertrauen in die Wirtschaft wiederherzustellen.

das leuchtet ein. trotzdem, dr. hättenschwiler dröselt auf, was in den finanzwirrköpfen gerade abgeht:

Der Mensch hat ein Angsthirn, und er hat ein Vernunfthirn. Unter normalen Umständen dominiert das Vernunfthirn das Angsthirn. Dann denken wir ruhig und handeln rational. Geschieht etwas Bedrohliches, schaltet sich jedoch das Angsthirn ein, mit der Folge, dass wir unter Umständen nicht mehr vernünftig denken können. Dann gibt es nur noch zwei Reflexe: Fliehen oder Kämpfen. Das Beruhigende ist: Panikreaktionen gehen vorbei, selbst wenn die Bedrohung sich nicht so rasch verzieht. Es gehört zu den Fähigkeiten der menschlichen Psyche, dass sie sich an Bedrohungen anpassen kann. Wenn Sie also nach einem Ratschlag fragen: Abwarten und den Kopf abkühlen lassen.

und:

Je ausgeprägter das Gefühl von Machtlosigkeit, umso grösser die Ängste. Hinzu kommt: Die meisten Leute verstehen nicht, was passiert. Zudem erhalten sie den Eindruck, dass selbst die Experten nicht mehr begreifen, was vor sich geht. Und was man nicht begreift, macht eben Angst.

soweit die herren psychiater. – hey, politiker, hier müsst ihr nachlegen, investieren, das schlimmste abfedern. sonst laufen euch die verwirrten geldsäcke aus dem ruder. (und überhaupt: die psychiatrischen dienste laufen eh schon seit jahren mit rasant steigenden frequenzen am limit. tut was, ihr schlaftabletten.)

tja, politiker sein möchte man in diesen trüben tagen schon gar nicht. meine güte – was für gigantische ideologische verrenkungen, die sich die meisten politker zu machen grad gezwungen sehen, kriegen wir da zu sehen. der hammer. da gibts für die psychiatrie sicher auch noch ein paar neukunden. so ist etwa der chef der kantonalen finanzdirektoren, christian wanner, quasi schon am rand der einlieferung. – im tagi interview sagt er:

Ich persönlich verspreche, das Beste zu geben, dass weder Sparguthaben noch Arbeitsplätze verloren gehen. Alle andern müssten dies ebenfalls versprechen. Das mag nicht nach sehr viel tönen. Aber derzeit weiss ich nichts Besseres.

aber ich, herr wanner: kaufen sie socken. am besten die hier:



sie erinnern sich an den swissair crash? soweit ich mich erinnere, hat der die kleinigkeit von irgendwas um 1 millarde gekostet. ein trinkgeld im vergleich zu den hunderten von milliarden, die heute auch in der schweiz zur disposition stehen. allein die stadt zürich rechnet wegen dem finanzcrash schon für 2008 mit 400 mio. weniger steuereinnahmen. ähnlich wird es andere städte treffen, die am tropf der geldsäcke hängen. tschüss kantonaler finanzausgleich, sagt herr wanner zwischen den zeilen.

alle am limit irgendwie. und die leidige schuldfrage steht auch noch latent im raum. man ist geneigt, jeden nachbarn, jeden arbeitskollegen, jeden kumpel, der an der börse gerade viel geld verliert, in sippenhaft zu nehmen. kann man das? oder sind das nur ahnungslose pechvögel, die nix anderes als die andern gemacht haben – nämlich den falschen geldsäcken vertraut. das ist kein verbrechen. aber sozialer sprengstoff, wie die oben erwähnten psychiater betonen.

nun, es ist klar, die politiker und die geldsäcke sind die verbrecher. sie haben den ganzen salat mit ihrer grenzenlosen und obszönen gier nach macht und geld schliesslich angezettelt. wider besseres wissen, sie waren gewarnt (wie übrigens bei den meisten anderen krisen auch). sie gehören zur rechenschaft gezogen.

ihr gebahren ist ja sehr bizarr. es kulminiert derzeit im wüstenstaat dubai. daniel binswanger im magazin:

Beelendend ist nur schon, wenn man sich die Ödnis des vermeintlichen Luxus-Biotops zu Gemüte führt, das im Wüstensand den neuen Standard für die Bedürfnisse der Superreichen setzen soll. Dubais Beitrag zur modernen Urbanität ist eine endlose Liste absurder Superlative: Wie viel Blattgold pro Luxussuite verbaut wurde, mit wie viel 1000 Dollar eine Hotelnacht zu Buche schlägt, wie tief ins Meer hinunter oder wie hoch in den Himmel hinauf Gastro-Restaurants oder Vergnügungsparks neuerdings gebaut werden können. Die Vorstellung, die globale Reichtumselite sei so unbedarft geworden, dass sie sich von diesen vollklimatisierten Retorten tatsächlich verführen lässt, ist als solche schon ein Albtraum.

dem möchte man anfügen: die geldsäcke in st. moritz und wollerau sind keinen deut besser.

die wortschöpfung finanz 9/11 wäre ebenfalls ein taugliches wort des jahres. was hat man sich darunter vorzustellen? nun, das in unsere köpfe eingeätzte sinnbild von 9/11 sind die einstürzenden twin towers. dramatisch zeitlupig fielen sie in sich zusammen. stockhausen sprach vom grössten kunstwerk der welt (und seine plattenverkäufe schnellten in die höhe).

finanz 9/11 meint mit dem sinnbild des einsturzes: wir kriegen eine art bankenfreie zone. bald besteht das ganze bankwesen nur noch aus einer simplen open source software, die geld rumschiebt und erspartes verzinst. der rest von all den obskuren finanzdienstleistungen ist im oktober 08 obsolet geworden. und mit ihm vieles anderes im wirtschaftlichen gefüge dieser welt. es muss alles neuaufgegleist werden. zurück auf anfang.

investieren sie in solarenergie. soll 10% rendite bringen.

oder in socken, am besten hier:

9. Oktober 2008

gegen finanz9/11: socken

zieht euch warm an, ist man in diesen tagen geneigt zu sagen. aus aktuellem anlass gibts darum in diesem blog ab sofort eine empfehlung für socken. warme, edle schweizer socken. im abo. damit sie sich voll und ganz um den wiederaufbau kümmern können.

bitteschön:



mehr fällt mir zum gebahren der geldsäcke im moment auch nicht ein. aber socken sind doch immerhin schon mal ein ansatz. oder?
.

8. Oktober 2008

das tödliche dutzend

falls sie wiedermal schlechte nachrichten abseits vom finanztsunami reinziehen möchten, bitte hier lang: Spiegel Online berichtet über die 12 gefährlichsten Seuchen, die vor der tür stehen – das tödliche dutzend.

wenn ich wählen müsste, nähme ich die roten fluten. ist ja klar, so als bugsierer, rote fluten, boah...
.

6. Oktober 2008

iPhone petition: steve jobs gibt nach


ganz grosses kino: david worni, grafiker im vorderen emmental (schweiz), zwingt steve jobs, gadgetking im silicon valley (kalifornien, usa), in die knie.

mit seiner iPhone petition und über 20'000 subscribers innert drei wochen hat es david geschafft, steve jobs zu überzeugen, dass die autocorrection beim iPhone dringend einen off button braucht.

dies jedenfalls meldet macrumors.com, der amerikanische top brand aller 500 apple gerüchte sites worldwide:

( ...) Finally, Apple has also addressed one common request within the iPhone's Keyboard settings, allowing users to disable the iPhone's auto-correction.

wenn das nicht der hammer ist: emmental vs. silicon valley endet 1:0. sehr cool. david hat zwischen zwei pressekonferenzen schnell zeit für drei kurze antworten gehabt:

wann hast du es erfahren?

Heute nach dem Mittag: die Statistik zeigte mir auf, dass sich 120 Besucher gleichzeitig auf der Seite tummelten. Da hab ich mal arwöhnisch nach den referrers geschielt und siehe da: bei macrumors.com auf der Startseite verlinkt.

laut macrumors wird die autocorrection tatsächlich wegen deiner petition abgeschaltet. stolz?

... hehe, natürlich.

was kommt als nächstes?

Wenn ich etwas von Apple gelernt habe dann das: spreche nie über deine Pläne. ;-)

dann sind wir mal gespannt. herzliche gratulation zu deinem erfolg.
.

5. Oktober 2008

rasterfahndung beim grossverteiler

podcast empfehlung

"die gute nachricht: wir werden keine gläsernen bürger. die schlechte nachricht: wir sind schon gläserne bürger."


meldungen über grosse datenklaus gehören in den letzten monaten schon fast zum alltag. kürzlich wallfraffte ein verbraucherschützer 6 mio. datensätze für lumpige 850 euro. kreditkartendaten sind für einstellige eurobeträge im dutzend feilgeboten. diese tage wurden der deutschen telekom 71 mio. datensätze geklaut. und und und.

was machen die eigentlich mit all den daten? sie machen eine art rasterfahndung. rasterfahndung? in den 70ern wurde die rasterfahndung gegen terroristen erstmals im grossen stil praktiziert. beispiel: 99,9% aller stromkunden zahlen ihre rechnung via banküberweisung. terroristen hatten damals noch keine bankkonten und zahlten ihren strom cash. ergo waren 0.1% der stromkunden potentielle terroristen und wurden gecheckt.

das prinzip der edv-gestützten rasterfahndung wurde dann von der wirtschaft übernommen. dort spricht man von kundenprofiling. das geht auf einer ersten stufe mal ganz einfach. beispiel: sie kaufen regelmässig beim gleichen grossverteiler ein und haben eine kundenkarte. sie kaufen dort auch ihren bedarf an hygienischen damenartikeln. plötzlich merkt der computer, dass sie genau diese produkte nicht mehr kaufen. er guckt also nach, wie alt sie sind. sind sie unter 50, schickt er ihnen den ganzen werbekram für babys. sind sie über 50, denjenigen für die menopause. so einfach ist das. profiling eben.

das geht soweit, dass man u.u. sogar auf ihre sexuelle volieben rückschliessen kann. wie das gehen soll, erklärt prof. gerhard kongehl, hirnforscher, physiker und seit 30 jahren erster datenschützer baden würtembergs in diesem podcast bei swr1.
.

3. Oktober 2008

das weltwocheproblem (u.a.): der alte medienwichser, kurt w. zimmermann


kennen sie kurt w. zimmermann? genau, der alte medienwichser von der weltwoche. ein don gummihals. ein tatsachenverdreher im senior status. ein schlechtredner überm verfalldatum. eine edelfeder mit versauter berufsethik. ein klassischer klugscheisser – krittelt dauernd an anderer leute engagements rum und hat selbst millionen versenkt. natürlich nicht seine eigenen. ein billiger wadenbeisser im zweireiher, der nicht mal die länge seiner kravatte richtig hinkriegt. igitt.

er findet, blogger seien zu nett. lässt sich über blogs aus in einer weise, dass jeder halbwegs informierte onliner sofort merkt: der mann hat null ahnung. aber er zittert, wie 90% seiner berufskollegen auch, vor dem gewaltigen paradigmenwechsel auf seiner kleinen, schmierigen printinsel, von der aus er hemmungslos falsche tatsachen absondert und das dann medienkritik nennt. was für ein schaumschläger.

in seiner pr-klitsche schlagzeilt er: wir arbeiten nur in bereichen, von denen wir etwas verstehen. von online versteht er aber gar nix. davon spricht die website seiner consultingbude bände. sie ist unter seinem namen bei google nicht auffindbar.
konsequenterweise steht er dort als alter medienwichser on the top – gerade mal einen tag nach dem post von medienlese. dort wird er auch noch eine weile bleiben. geschieht ihm recht. die kunden seiner pr-klitsche werden sich wundern, dass ausgerechnet die onlinereputation ihres eigenen beraters dermassen am arsch ist.

aber vielleicht wollen diese kunden genau einen solchen pr-rambo. immerhin ist eines seiner spezialgebiete mergers & acquisitions. keine ahnung, wie der mann auf die idee kommt, er könnte als berater fuzzi auch noch als journalist glaubwürdig sein. total abgehoben sowas. auf zwei so verschiedenen hochzeiten tanzen war gestern. heute ist internet 2.0, sie alter medienwichser.

henusode – ein auslaufmodell. und medienwichser ist der gattungsbegriff dazu. geprägt von hogenkamp. gratuliere.
.

2. Oktober 2008

iPhone petition: david (emmental) vs. goliath (silicon valley)


david worni, der webdesigner aus dem vorderen emmental, nervt gerade steve jobs, den gadget king im silicon valley.

von david kommt folgende medienmitteilung, die ich hier gerne veröffentliche:

DAVID vs. GOLIATH
> 20'000 Unterschriften gegen die iPhone-Autokorrektur
> Petition verlängert bis zum nächsten iPhone Update

Über 20'000 Unterschriften in 15 Tagen gingen für unsere Online Petition an Steve Jobs/Apple ein.

Das Anliegen: Steve Jobs soll im iPhone endlich die nervige Autokorrektur abschaltbar
machen. (they probably will do that in 20 seconds, right?)

Dutzende von Blogs, Newssites und Printmedien haben breit über die Petition berichtet: 20min, Blick am Abend, Blick, Tagesanzeiger, Anthrazit, bazonline.ch, neuerdings.com, basicthinking.de, bernerzeitung.ch, macprime.ch, heise.de, iphonefr.com, golem.de, macnotes.de, inside-handys u.v.a. Die Top Refferers finden Sie auf unserer Website ganz unten – momentan steht belgium-iphone.com an erster Stelle.

Das Berner Regionalfernsehen Telebärn machte mit David Worni, dem Initiator der Petition, einen Beitrag. Und meinte: David gegen Goliath – David Worni aus dem vorderen Emmental vs. Steve Jobs im Silicon Valley.

Über eine halbe Million Menschen aus ganz Europa besuchten in nur 15 Tagen die Petitions-Seite. Neben der Schweiz und Deutschland sind v.a. Länder wie Belgien oder Frankreich stark mit Unterschriften vertreten.

Einige tausend Subscribers
haben einen persönlichen Kommentar zur nicht abschaltbaren Autokorrektur gepostet. Ein witziges und nichtendenwollendes Stimmungsbild der leidenschaftlichsten iPhone Afficionados worldwide.

Wir sind von diesem Besucheransturm
und der hohen Anzahl Subscribers freudigst überrascht worden. Der grosse Erfolg in dieser kurzen Zeit sagt uns vor allem eines: da ist noch viel Spielraum.

Wir verlängern deshalb die Petition bis zum nächsen iPhone Update
(statt sie Ende September abzuschliessen). Mit der Hoffnung, dass Steve Jobs bis dahin das gewünschte Feature zur Abschaltung der nervigen Autokorrektur einbaut.

Wie gesagt:
they probably will do that in 20 seconds, right?


Wir danken Ihnen fürs weitersagen.


mache ich für eine so coole idée suisse doch gerne. bitte copy/pasten, weitermailen/bloggen und sonstwie viralisieren. worldwide please.

übrigens:
david worni betreibt auch diese erfrischende enthüllungsseite: plagiat.ch (fremde federn rupfen)
.

finanzkrise: edelzwickern, solangs noch hat


wenn renommierte und in der regel furztrockene wirtschaftsmagazine covers mit absoluten no-go-words auf schwarzem grund machen, dann... tja... dann... trinken wir noch edelzwicker, solangs noch hat.

via netzkobold
.