9. Dezember 2010

wo gehts hier zum panamakanal?

 als alter(nder) pazifist könnte ich gesagt haben:

Die Schweiz ist nicht mehr verteidigungsfähig, beschäftigt aber dennoch tausende von Mitarbeitern im VBS, die dort wohl Panzer putzen, die Schlaf- und Wohnsäle reinigen, damit dort nicht die Ameisen eindringen und als Attachés in prächtigen Villen im Ausland residieren, um noch prächtigere Empfänge zu geben.

hab ich aber nicht gesagt.

herr stöhlker hat’s gesagt. (auch etwas älter, aber kein pazifist).

man sollte auch hin und wieder stöhlker lesen. bei ihm steht zwar bis heute kein wort zu wikileaks. dafür sonst allerlei sachen, die man sonst nirgends liest.

ok, es ist nicht einfach, sich gegenwärtig einen überblick über die dramatische eskalation in sachen wikileaks zu verschaffen. herr messmer titelt:

WikiLeaks ist das 9/11 von Präsident Obama.

dieser satz trifft es nicht schlecht. allerdings müssen sich politiker, unternehmen, journalisten, citoyens und alle anderen noch an den gedanken gewöhnen, dass das erst der anfang ist. warum, erklärt marcel weiss in seinem brillanten post 5 Aspekte der aktuellen WikiLeaks-Revolution.

wenn das nur gut geht...
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2. Dezember 2010

ganz grosses kino: bloggerfilm


bloggerfilm - Ein Projekt, ein Film, Schweizer Blogger from Michael Eugster on Vimeo.

unglaublich. er ist 17 und macht ein video, das sich gewaschen hat. gut – mehr gymnasiasten machen heute als matur-arbeit ein video – viel mehr, als wir uns das vor zehn jahren noch vorstellen konnten.

aber so? damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet. ein siebzehnjähriger? ein maturand hat diesen film gemacht? wie das denn?

ganz einfach: er benutzt die tools, die halt so rumliegen. er schaut den "grossen" ab. er ist fleissig und geduldig. er ist offen und unverkrampft. er kniet sich rein, weil es ihn interessiert. er benutzt die tools virtuos und frisch. vielleicht hat er den dampfplauderer stefan raab in einem lichten moment mal sagen gehört:

"die idee muss leicht sein, sonst ist sie nicht gut – die ausführung muss akribisch sein, sonst ist sie nicht leicht."

egal. – bravo zu diesem film, lieber michael eugster.

ich bin mal gespannt, was diese kids in fünf jahren für eine matura-arbeit abgeben werden.
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19. Oktober 2010

radiowerbung

die radiowerbung fristet in der schweiz ein bisschen ein mauerblümchendasein. es gibt wenige gute und noch weniger herausragende radiospots. das hat verschiedene ursachen, aber es gibt gründe zur hoffnung. einer davon ist markus ruf resp. die werbeagentur ruf lanz, die radiowerbung überdurchschnittlich oft und überdurchschnittlich kreativ einsetzt.

markus ruf war kürzlich gast in roger schawinskis talksendung doppelpunkt auf radio1. ruf erzählt (in schweizer mundart) über das wesen von radiowerbung und präsentiert/kommentiert ein gutes dutzend herausragende und witzige radiospots. für an werbung interessierte menschen eine sehr interessante und gleichsam unterhaltende sendung.

hier als mp3 downloaden oder hier online hören (sendung vom 10.10.2010) oder bei itunes holen.

viel spass.
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14. Oktober 2010

sf.tv: kein sendungsbewusstsein am gotthard


die sondersendung des wissenschaftsmagazins einstein, die uns sf.tv heute abend anlässlich des morgigen hauptdurchstichs am gotthard serviert hat, vermittelt viele spannende details rund um dieses gigantische hightech bauwerk, mit dem sich unsere gute alte eidgenossenschaft wiedermal weltweit positiv ins gerede bringen wird.

die leutschenbacher dokusoaper haben sich – in einer 90minütigen sondersendung – viel mühe gegeben, das eine oder andere detail zu dokumetieren. von der heilgen barbara über das österreichische tunnelbauerdorf bis zu spannenden hightechlösungen.

fehlen durften aber auch nicht die frage nach “frauen im tunnelbau” und das schicksal von tunnelphobikern in einem 57km langen tunnel (dargestellt mit einer frau, die einen bmw suv fährt). beides total unnötig, weil von wenig relevanter brisanz für das morgen anstehende jahrhundertereignis. aber henusode, das ist leutschenbach, wie es leibt und lebt.

aber auch wenn diese typisch einsteinschen unnötigkeiten nicht vorhanden wären, fällt mir wiedermal eines auf: der kommentar aus dem off ist hochdeutsch, die vielen interviewten protagonisten dürfen sich aber in mundart äussern. diese sprachliche zweiteilung werde ich nie begreifen. geradezu abstrus ist sie  bei sf.tv in sportübertragungen, in denen der moderator hochdeutsch spricht und der co-moderierende experte in mundart mitplaudert. seltsamer geht nicht, ist aber in sportübertragungen eigentlich egal.

bei einer 90minuten extrasendung des flaggschiffs der wissenssendungen auf unserem staatlichen tv-kanal ist das aber nicht egal. immerhin betreibt sf ein vorbildliches videoportal, das vorläufig noch nicht vom depuplikationswahn à la deutschland betroffen ist. da der gotthard in den nächsten tagen international in den medien sein wird (resp. schon ist), wird es den einen oder anderen ausländischen internet user auf das sf videoportal verschlagen. er wird die einstein doku aber nach wenigen minuten wieder wegklicken, da von den gut 100 millionen deutschsprachigen europäern kaum 2% die vielen mundart statements in dieser doku verstehen werden.

da stimmt im leutschenbach etwas am sendungsbewusstsein nicht, finde ich.
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9. Oktober 2010

indiana jones der kulinarik trifft gemüsefetischist in istanbul


in der woche 1 nach der neuen online strategie des magazins (na ja, strategie...?) sehe ich mich nicht imstande, mit dem kopfschütteln aufzuhören.

aus anlass des bevorstehenden hauptdurchstichs am st. gotthard serviert uns das magazin eine preisgekrönte fotoserie von der tunnelbaustelle, geknipst von milo keller, der sein geld normalerweise als fotograf in der haute couture verdient und auch schon für nestlé abdrücken durfte, wie man im teaser ausdrücklich bemerkt. aber eigentlich interessiere er sich mehr für supertanker, staudämme, "grosse dinge" eben. mit welchem preis genau diese fotoserie ausgezeichnet worden ist, erfahren wir nicht. war es vielleicht ein voting bei flickr?

die serie besteht aus fünf bildern, die ich hier mal selbstbewusst als eher mittelmässig bezeichnen möchte. weitere bilder darf man aber via ipad app ansehen (siehe ausriss oben), ein klassischer mehrwert. den aber nur sehr wenige leserinnen und leser werden nutzen können. denn das tagimagi hat eine auflage von 530'000 und ipads gibts in der schweiz gerade mal 60'000. schätzen wir mal grosszügig die hälfte dieser ipad user als am magazin interessierte menschen ein, dann ist dieser online-mehrwert gerade mal für gut 5% der magazinkunden überhaupt erreichbar. und auch das nur gegen zusätzliche bezahlung. denn selbst abonnenten müssen bis auf weiteres chf 1.10 pro ipad-ausgabe bezahlen.

darüber haben sich viele tagimagikunden aufgeregt. die kommentare auf der magazin website und anderswo sind grösstenteils negativ bis gehässig. ich vermute, dass das magazin auch haufenweise mails von ungehaltenen abonnenten bekommen hat. immerhin steht in der neuesten ausgabe im editorial dieser text (dort stehen sonst SEHR selten solche sachen):


haha, "einige abonnenten"... öhm, würde mich mal interessieren, wieviel denn "einige" von ein paar hunderttausend sind.

keine frage, die vergabe von ein paar hunderttausend passwörtern für abonnenten von vier zeitungstiteln ist it-technisch kein spaziergang. ich bin mal gespannt, ob und wann und wie sie das hinkriegen (ohne dass das passwort schon jeweils am freitagabend rumgetwittert wird ;-).

wie auch immer, man wird den eindruck nicht los, dass sich tamedia erst jetzt, wo die reklamationen reinhageln, um dieses abonnentenproblem kümmert. denn es war ja für jeden juniormarketer absehbar, dass das die wenigsten kunden wirklich gut finden. wenn man die kundenschelte schon kommen sieht, könnte man ja von anfang an darauf eingehen. oder das passwortproblem vorher lösen. oder die paywall erst dann hochziehen, wenn das passwortproblem gelöst ist. ganz zu schweigen von einer iphone app und vielleicht noch einer android app, die man vielleicht gleichzeitig hätte anbieten können. ganz zu schweigen von den vielen kioskkäufern. gut, da kann man noch behaupten, man könne diese mit einem gratispasswort als neuabonnenten gewinnen. was aber angesichts der eher beschränkten technischen erreichbarkeit von nur gut 5% der zielgruppe (siehe oben) doch eher etwas dilettantisch anmutet.

noch schlimmer als die lamentohafte kundenansprache im heft ist übrigens diejenige online:

meine güte... drei ganze zeilen – an die abonnenten des "tages-anzeigers", eine so furztrockene kundenansprache (headline) sieht man wirklich selten. zudem ist sie irgendwie falsch, weil die abonnenten von bund, bz und baz einfach ausgeblendet werden. es fehlt die angabe eines zeithorizonts, der im heft ja genannt wird (einige wochen). dafür gibts eine dümmliche ausrede von wegen technischen gründen, von denen im print nicht resp. ganz anders die rede ist (siehe ausriss weiter oben). ziemlich lustlos hingeschlenzt ist das, so in der art "soll sich der kunde doch sein dämliches ipad irgendwohin stecken".

nun ja, dafür hat man, wie der chefredaktor ebenfalls im editorial mitteilt, einen neuen-alten-festen-freien mitarbeiter angeheuert. christian seiler aus wien, ehemals magazin redaktor und chefredaktor beim du. eine sog. edelfeder. er wird beim magazin künftig über essen schreiben, was ja bekanntlich die zweitbeliebteste tätigkeit des menschen sei, und, so der chefredaktor wörtlich, herr seiler werde den "india jones der kulinarik" geben. müssen sich edelfedern jetzt generell mit solchem unsinn ankündigen lassen?

der erste text (8 seiten) von indiana jones handelt heute vom "besten restaurant der welt". was ich für die vermutlich dümmste behauptung halte, seit es diese abgehobene und sinnentleerte schickimickijournaille gibt. wenn die von irgendwas sagen, es sei das beste der welt, kann das nicht seriös sein. ganz geil ist der lead:

Das momentan beste Restaurant der Welt bricht mit allen Manierismen der Spitzengastronomie – und wird so zur "moralischen Anstalt".

moralische anstalt? was auch immer damit gemeint ist, man fragt sich, was sie beim magazin wohl in den lead schreiben, wenns wirklich mal um eine art moralische anstalt geht und nicht um ein ganz normal gehyptes gourmetrestaurant in kopenhagen. statt den text von indiana jones zu lesen hab ich mir die website dieser moralischen anstalt angesehen. sie ist miserabelst. trotzdem kostet ein 7-gang menu im NOMA 140 euro, der passende wine course dazu 120. dieser besteht aus 7 gläsern unterschiedlicher weine, was nur neureiche prolls wirklich gut finden können. henusode – hauptsache die moral bleibt in der anstalt.

angekündigt wird übrigens noch, dass der indiana jones der kulinarik demnächst – achtung, kein witz – über einen gemüsefetischisten aus istanbul schreiben und im thailändischen dschungel den wok entmystifizieren wird. ist das nicht geil? den wok entmytifizieren... mit allen manierismen brechen... und der gemüsefetischist kommt aus istanbul. wahnsinn. da habt ihr eure leser (aka kunden) aber brutalstmöglich zugeteasert. da darf man wohl – als magazinleser der ersten stunde – brutalstmöglich zurückbloggen.

was auch noch auffällt diese woche im printmagi: keine leserbriefe. null. ist das ein sonderheft und ich habs nicht gemerkt? oder konnte man sich unter den vielen zuschriften zu dieser skurrilen ipad strategie einfach nicht für die passenden fünf entscheiden? oder haben sie sie einfach vergessen? oder abgeschafft? oder wie?

was ich nicht verstehe: wie kann man mit einer alten und wertvollen premium marke nur solchen unfug anstellen?

+ + + + +

update: ach ja, diese üble magazin-geschichte war ja auch noch.
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7. Oktober 2010

deal




winterferien?

in meinem liebhaberprojekt autofreieorte.com gibts ein gutes angebot: 10% rabatt auf alle hotelbuchungen in der schweiz bei ebookers.

gut – über sylvester ist in den autofreien winterdestinationen via buchungsportale nichts mehr zu wollen. in der neujahrswoche auch nicht. aber z.b. ab 16.1.11 wäre eine woche im schlosshotel tenne (****) in zermatt noch ein doppelzimmer für chf 2’160 zu haben. du sparst 200 bucks.

deal?

hier gehts zum promotion-code.
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6. Oktober 2010

ipad apps von nzz und tamedia: der grosse unterschied


interessant – die zwei zürcher platzhirsche tamedia und nzz lancieren innerhalb dieser woche je eine ipad app.

die tamedia bietet das magazin online ab sofort nur noch als kostenpflichtige ipad app an. die einst revolutionäre und vorbildliche publikation des ganzen heftes auf der website wird – nach dreieinhalb jahren – eingestellt. die mitteilung an die user lautet kurz und bündig so. das feedback der perplexen user steht hier. skurriles detail am rande: das magazin hat eine bezahlte printauflage von 530'000, ipad besitzer gibt es in der schweiz momentan ca. 60'000. mit anderen worten: ein grossteil der tagesanzeiger kunden wird online keinen zugriff mehr auf das magazin haben und die anderen auch nur gegen aufpreis.

die nzz kommt mit einer ipad app, die noch etwas unausgegoren sein soll, dafür aber ein kreatives angebot mit einschliesst. man kann ein abo lösen und bekommt ein ipad dazu (bundle) oder man kann ein sog. hybridabo lösen, das von montag bis freitag elektronisch und am wochenende als printausgabe ausgeliefert wird. sehr clever.

damit ist ausgerechnet die alte tante nzz mit der innovativsten lösung am start. zumindest in der schweiz. vermutlich aber auch weit darüber hinaus. da wird noch das eine oder andere europäische verlagshaus genauer hinschauen.

aber das ist noch nicht alles. der nzz kunde bekommt nicht nur ein tolles digitales angebot, sondern auch noch ein sehr ehrliches und offenes blogpost des verantwortlichen leiters digitale medien, peter hogenkamp. peter ist ein erfolgreicher usability spezialist, ein visionärer blogpionier und seit ein paar monaten bei der nzz als leiter digitale medien tätig. er weiss, wie man netzbewohner anspricht und schafft das selbst aus einem grossen verlag heraus hervorragend.

unterschiedlicher könnten die beiden produkte und die kommunikation dazu nicht sein.
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28. September 2010

gurkentruppe

man glaubt es kaum.

wochenlang mussten wir uns das gesäusel um eine bundesratswahl anhören, von der eh von anfang an klar war, wer das rennen macht. aussen vor blieben die wichtigen themen. supi.

und jetzt? jetzt will der eine parteipräsident den anderen verklagen. weil der eine den anderen einen lügner genannt hat. lächerlich.

sind nationalräte nicht immun gegen soche klagen? muss sich jetzt auch noch das parlament mit diesen elenden egospielchen befassen? toll.

aussen vor bleiben – einmal mehr – die relevanten themen. nächstes jahr sind ja wahlen.

man kann nur den kopf schütteln. und den letzten funken hoffnung aufgeben, dass diese gurkentruppe...

ach... ich geh jetzt wieder echolote eichen.
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25. September 2010

was für eine beauty: nero


was für ein schönes schiff. (bilder zum vergrössern anklicken).



90 m lang. 2 x 2333hp MAK/Caterpillar. 20 mann besatzung. platz für 12 gäste.

der hohe personalbestand für nur nur 12 gäste rechtfertigt sich u.a. damit, dass man auch 3 tenderboote an bord hat.


der innenausbau ist extrem geschmackssache. schnödes amidesign, auf protz gebürstet. hier das owner schlafzimmer.


das mitteldeck kann man so machen. muss aber nicht.


total hässlich ist hingegen das chefbüro. so eine kümmerliche arvenstube ohne bullauge würde ich mir als owner einer 90 m yacht von meinem interior designer nicht unterjubeln lassen. no way, mister taylor.


natürlich hat die nero allen kommunikativen schnickschnack mit an bord: Satcom and cellular communications facilities, Wi-Fi internet access, State-of-the-art audio-visual systems, cinema/screening room with Dolby digital sound, outdoor cinema on rear boat deck, satellite television, iPod docking stations. 

mit diesem equipment kann man geschäfte auch auf dem oberdeck abwickeln. oder einfach nur ein wenig im internet surfen.


die nero hat auch eine website. allerdings ohne jegliche kontaktadresse. es heisst da nur ganz diskret:

For further Information on NERO please contact any leading yacht broker.

das summer cruising kostet bei BURGESS um die € 400'000.

ich bin nicht ganz sicher, ob pro tag oder pro woche.

hässliche pötte finden sie hier.
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22. September 2010

bundesratswahl 2010: kaffeesatz lesen

für die heutige bundesratswahl lautet meine prognose:

- von den beiden sp frauen wird sommaruga das rennen machen. frau fehr ist der bundesversammlung doch eher zu links. und für den job etwas weniger gut vorbereitet als ihre konkurrentin.

- auf dem fdp ticket wird schneider-ammann reüssieren. erstens, weil das parlament ohne zwingenden grund ganz sicher nicht eine fünfte frau in die regierung wählen wird. dass morgen mit allergrösster wahrscheinlichkeit die neue schweizer regierung mit einer frauenmehrheit von 4:3 weltweit schlagzeilen machen wird, dürfte für viele parlamentarier schon genug des guten sein. zweitens, weil er als unternehmer mit internationaler erfahrung die besseren karten hat als seine konkurrentin.

update folgt heute abend.

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7. September 2010

muss man wissen (wasser predigen, wein trinken)



in letzter zeit sind ja vor allem schurnis "die blöden". nicht ganz zu unrecht.

aber die werber sind nicht besser (ausser mir ;-).

es gibt noch viel zu tun.

via simon baumann

+ + + + + 

ps1: dieser post folgt folgerichtig in anlehnung/fortsetzung an den letzten.

ps2: ich geh jetzt wieder echolote eichen.
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31. August 2010

bireweich: leutschenbach huldigt seinem gefallenen (nasa)-engel

Schweiz aktuell vom 31.08.2010

nicht zu fassen. leutschenbach unterbietet sich in seinen journalistischen leistungen fast wöchentlich (kürzlich brachten sie eine easyjetverspätungsstory als aufmacher in der tagesschau, als ob es keine anderen probleme gäbe auf diesem maroden planeten).

nachdem man beim schweizer fernsehen die sog. hochstaplerin bb über allen klee gelobt hatte, und dieses seltsame schmierenspektakel selbst in der wissenschaftssendung (oder was auch immer das sein soll) einstein mitgespielt hatte, setzt man heute dem publikum ein eher krudes exklusivinterview mit der gefallenen hochstaplerin vor. siehe oben.

dort darf sie jammernd eine knackige schlagzeile liefern (ich bekomme morddrohungen) und ausbreiten, dass ihre sponsoren sich allesamt abgemeldet haben. allesamt deppen, mit verlaub.

aber was sponsoren und der private boulevard alles anstellen, ist erstens bekannt, zweitens eh zum kotzen und drittens hier (fast) nie ein thema. ein ganz anderer fall ist das staatliche fernsehen. dort sollte man ein mindestmass an journalistischen tugenden erwarten dürfen – anderseits ist leutschenbach ersatzlos zu schliessen und der ganze dreck den privaten zu überlassen.

kein geringeres als das wissenschaftsflaggschiff “einstein” hat die grossmaulige bb in ihrem hobbycamp in den usa besucht, dort das unmögliche pfadilager abgedreht und die mär von der neuen nasafrau munter mit- und weitergestrickt. “mit etwas glück steht sie in ein paar jahren auf dem mond”, verlautbart aeschbacher mitte juni 2010.

und heute – nach der grossflächigen enttarnung im tagi (siehe auch meinen post hier, selbst die uni zürich ist auf die falsche nasafrau reingefallen) – heute also eine trändendrüsige schmierengeschichte von der armen bb, die morddrohungen bekomme und alle ihre sponsoren verliere (deppen, wie gesagt). und dann noch ein abgehobener schulleiter, der noch immer glaubt, so eine profilneurotikerin auf seine schüler loslassen zu dürfen, sie sei nur etwas zu träumerisch gewesen, haha... – unglaublich.

journalismus? pfffff... von wegen. billigster boulevard, staatlich organisiert, unterste schublade.

herr de weck, bitte aufräumen.
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25. August 2010

ein leben mit allen medien

nzz-medienredaktor rainer stadler hat darüber sinniert, dass blogs die massenmedien nicht ersetzen könnten (was auch nie jamand behauptet hat). als beispiel nennt der den fall burtscher. erst der tagi habe jüngst die nötige öffentlichkeit geschaffen, obwohl schon im januar im infamy blog darüber berichtet worden sei. sein fazit:
Ich-Buden im Internet schaffen keine relevante Öffentlichkeit. Dazu braucht es die guten alten Kanäle.
stimmt. ist aber nur die halbe wahrheit. bei infamy gibt es seit jahren etliche geschichten, die man eigentlich in den guten alten kanälen lesen möchte. mit anderen worten: die schurnis in der schweiz schauen einfach nicht hin. oder sie schauen zwar hin, dürfen dann aber nicht.

als zweites beispiel fügt er die veröffentlichung von x-tausend heissen afghanistan-dokumenten bei wikileaks an. seine these ist die gleiche wie die unzähliger anderen journalisten: ohne die zusammenarbeit mit spiegel, nyt & co. hätte diese veröffentlichung nicht so viel aufmerksamkeit erreicht. woher er das weiss, lässt er offen. tatsache ist, dass die veröffentlichung dieses videos – 2 monate vorher – auch ohne die alten kanäle eine sehr grosse öffentlichkeit erreicht hatte.

in herr stadlers analyse fehlt mir etwas die tiefe. wikileaks kann man nicht auf diese weltweit aufsehen erregenden afghanistan-dokumente reduzieren. in wikileaks wurden z.b. kürzlich auch eine grosse anzahl dokumente zum fall duisburg veröffentlicht. dokumente, die ohne wikileaks nicht öffentlich wären. für die direkt betroffenen (eltern, freunde der opfer, etc.) und die menschen in duisburg ist das sehr wichtig, nicht zuletzt darum, weil die “alten kanäle” schon längst am abarbeiten des nächsten oder übernächsten aufregers sind.

dass “ich-buden” keine relevante öffentlichkeit schaffen, ist auch nur die halbe wahrheit. immerhin war es genau so eine “ich-bude”, die den rücktritt von köhler ausgelöst hatte. yes – das war in deutschland. und wer sich dort in der medienlandschaft ein wenig umsieht, wird auf etliche beispiele treffen, in denen blogs durchaus etwas bewirken. tendenz stark steigend.

ganz zu schweigen von den usa. dort haben blogs einen viel höheren stellenwert als in good old europe. dort haben sich blogs etabliert, die in der politischen diskussion durchaus etwas zu sagen haben. tendenz steigend.

klar, dass das in der schweiz noch etwas dauert. die deutschschweiz zählt gerade mal 4,9 mio. menschen. das ist etwa gleich klein wie der grossraum münchen. kommt dazu, dass hier nicht nur die mediale entwicklung immer etwas im hingerlig ist. auch sf.tv bringt die ganz doofen formate immer erst jahre nach den anderen ;-)
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18. August 2010

auch die uni zürich ist auf frau burtscher reingefallen


heute brachte der tages anzeiger eine ganze seite über die physiklehrerin barbara burtscher, die sich in den letzten jahren erfolgreich in allerlei medien vorgedrängelt hatte, um eine abstruse karriere als astronautin oder gar als erste frau auf dem mars zu promoten. nettes detail am rande: der tagi verschweigt dabei, dass er selber die “hochstaplerin” (zitat tagi) auch 2x gefiitschert hatte, einmal strickte er handfest an der ollen burtscher-nasa-legende mit.

aufgefallen ist mir die publizitätssüchtige toggenburgerin erstmals im letzten januar in der drs3 talkshow focus – ich traute meinen ohren nicht. focus ist eigentlich eine seriös gemachte sendung, die mir schon manche exquisite radiostunde mit hochinteressanten gästen geboten hat. aber die sogenannte astrophysikerin hörte sich an wie ein teeniegirl, das vom next-marsmännchen-camp berichtet. man hört schon in den ersten minuten, dass die nasa einpacken könnte, würde sie wirklich mit solchen leuten arbeiten. henusode.

ein paar tage später las ich ein posting bei den bloggerkollegen von infamy, das mich wieder aufhorchen liess. die hatten sich erdreistet, die seriosität von frau burtscher in frage zu stellen. worauf diese postwendend forderte, die einträge sofort zu löschen, andernfalls sie ihren rechtsschutz bemühen würde. zwecks vermeidung von unnötigem aufwand haben die infamy blogger die beiden posts gelöscht und stattdessen das hier vermeldet.

das machte mich dann doch etwas stutzig. wer als cervelat promi gleich mit den juristen droht, macht sich erst richtig interessant.

ich googelte also bisserl rum und stiess neben der beachtlichen burtscherei auf allen kanälen auf höchst bermerkenswertes. die toggenburger astrophysikerin schaffte es nämlich, mit ihrem banalen mars- und nasageschwafel noch bei einer ganz anderen orga unterzukommen als in all den unterdotierten boulevardmedien, nämlich bei der – achtung, jetzt kommts – universität zürich.

dort hat frau burtscher studiert. an der mathematisch-naturwissenschaftlichen fakultät hat sie eine bachelorarbeit zu einem thema der astrophysik geschrieben und dafür ein gut/sehr gut erhalten. wozu ich ihr herzlich gratulieren möchte.

weil sich in dieser fakultät der nachwuchs etwas rar macht, durfte frau burtscher auf der website der fakultät über ihr marscamp bloggen. schon nach dem lesen von wenigen postings wird klar, dass das nichts mit seriöser wissenschaftlicher arbeit zu tun hat.

im startposting schreibt die universität zürich:
Die Physik-Lehrerin und MNF-Absolventin Barbara Burtscher wurde ausgewählt, zusammen mit fünf anderen Forschern in der «Mars Desert Research Station» das Leben auf dem Mars hier auf der Erde zu erpoben. Im Juli erst war Barbara Burtscher Teilnehmerin im NASA-Astronautencamp.
nasa-astronautencamp? – dass die abstruse medienkarriere der frau burtscher überhaupt stattfinden konnte, ist ja schon schlimm genug. dass aber sogar eine uni darauf reinfällt und diesen banalen astro- und nasa-content auch noch im zeichen der nachwuchsförderung ins netz stellt... brachte mich doch etwas ins grübeln. wird demnächst auch mike shiva mal ran dürfen?

ich habe also die mathematisch-naturwissenschaftlichen fakultät der universität zürich angemailt und etwas genauer nachgefragt. zuerst interessierte mich, ob sich frau burtscher mit ihrem marscampgedöns überhaupt astrophysikerin und forscherin nennen darf. als zweites wollte ich wissen, was denn der zweck des burtscher blogs auf der fakultäts website sei und was der content dort mit wissenschaft zu tun habe.

das mail war kaum draussen, schon kommt ein anruf von calista fischer, der medienfrau der fakultät. sie war sehr aufgeregt. sie sagte, sie werde das mit dem dekan besprechen, wolle aber vorher noch kurz mit mir darüber reden und ich würde dann eine schriftliche antwort zur publikation in meinem blog erhalten. das telefongespräch dauerte mehr als eine stunde.

nach zwei tagen kam dann eine knappe stellungnahme. ich hatte dann aber keine zeit und keine lust, ein ausführliches und juristisch wasserdichtes posting zu schreiben und liess es bleiben.

zur ergänzung der tagirecherche von gestern reiche ich die antwort von frau calista fischer vom 11.2.2010 jetzt doch noch nach:
Astrophysikerin/Forscherin
Frau Burtscher hat ihr Studium an der Universität Zürich mit der als gut bis sehr gut eingestuften Bachelorarbeit mit dem Titel «Analysis of microlensing events towards the galactic buldge», d.h. einem Thema aus der Astrophysik, abgeschlossen. Es steht ihr deshalb zu, sich als Astrophysikerin zu bezeichnen. Zum Begriff Forscherin: Forschung findet bekanntlicherweise auch ausserhalb der Hochschulen statt, entsprechend breit gefasst sind die Begriffe Forscher und Forscherin.
(Zu Ihrer Information: An Schweizer Hochschulen gibt es keine Bachelor- und Mastertitel in Astrophysik. Abgeschlossen wird mit einem Bachelor bzw. Master of Science in Physics.)

MNF-Blog
Wie ich Ihnen am Telefon erklärt habe: Mit der Blog-Serie richten wir uns an Gymnasiasten, an Jugendliche im Alter zwischen 12 und 19 Jahren. Die MNF-Blogs zeigen auf, welche beruflichen Wege und Möglichkeiten ein Abschluss in Naturwissenschaften an der Universität Zürich bietet. Der nächste Blog startet am 1. März und wird von einer Mathematikerin bestritten, die im November eine Doktorarbeit in Biochemie angefangen hat.
nun, astrophysikerin und forscherin mag für frau burtscher rein juristisch noch durchgehen. zumindest im allgemeinen (medien-)leben kann man das – wie figura zeigt – so machen. aber an einer uni?

die grosszügige auslegung dieser titelfrage hängt mit frage zwei zusammen, dem blog von frau burtscher auf der website der fakultät. frau burtscher ist dort hochoffiziell eine art botschafterin für den universitären nachwuchs. die marsforscherin aus dem toggenburg steht als beispiel dafür, dass man aus einem naturwissenschaftlichen studium auch etwas lässiges machen kann. sie durfte im märz sogar an einem informationstag für schülerinnen und schüler auftreten.

dass frau burtscher auf dem boulevard einen ganz und gar unwissenschaftlichen und zunehmend peinlichen marstanz aufführt, scheint die fakultät bei ihrer nachwuchsförderung nicht im geringsten zu stören.

neben dem kläglichen mediendrama ist das ein zweites, eher noch schlimmeres dazu.

+ + + + +
> frau burtscher behauptet auf ihrer website, ihr mailaccount sei gehackt worden. infamy hat gute argumente, dass das so nicht stimmt.
> das st. galler tagblatt hat auf den tagiartikel nachgefasst.

update 07.00 uhr: newsnetz legt nach: wie die medien auf den burtscher-flop reagieren.
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17. August 2010

verleger fordern die geschützte werkstatt


nach der imhof-studie haben verleger und journalisten ja nicht mehr viel zu lachen. hatten sie zwar schon vorher nicht, aber jetzt ist das der düstere befund wissenschaftlich untermauert, was zumindest die journalisten etwas aus der reserve lockt. gut so.

heute hat norbert neininger in der nzz einen text publiziert, in dem er ein neues leistungsschutzrecht für die schweizer verlage verlangt. norbert neininger ist chefredaktor und verleger der schaffhauser nachrichten und mitglied des präsidiums des verbands der schweizer presse, dortselbst zuständig für das departement publizistik.

“verlage haben anrecht auf besseren schutz” lautet der titel seines artikels. das verlangte die musikindustrie vor wenigen jahren auch schon (vergeblich).

sein artikel ist in verschiedenen aussagen bemerkenswert. so ist er z.b. der meines wissens erste verleger, der versäumnisse der verleger zugibt:
Das Internet – also die Möglichkeit, weltweit Daten verzögerungsfrei und gratis auszutauschen – wurde, und das muss man selbstkritisch zugeben, auch von den Verlegern jahrelang unter- oder falsch eingeschätzt. (...)
dieses eingeständnis ist dem schaffhauser vollblutverleger hoch anzurechnen. so klar hat das keiner seiner kollegen je zugegeben. das gibt einen punkt nach schaffhausen. den zweiten punkt kriegt herr neininger dafür, dass er sich schon vor einiger zeit ein ipad besorgt hat, um auszuchecken, was da sache ist. er ist begeistert (und sieht möglichkeiten für seine branche). damit – mit dem selber ausprobieren neuer technologie – dürfte er bei seinen kollegen in einer minderheit sein. gerade kürzlich hat sich ausgerechnet der medienpionier roger schawinski darüber ausgelassen, warum bei ihm kein ipad ins haus kommt. nicht mal zum ausprobieren.

leider hat der gute wille bei herr neiniger nicht viel genützt. in seinem paphlet von heute in der nzz sagt er z.b.:
Die Internetgemeinde aber wird mit der Realität konfrontiert: Nachdem klar geworden ist, dass es weder Google noch Wikipedia um die Vermehrung des Wissens, sondern um Marktanteile, Umsatz und Ertrag geht und auch auf den Social-Media-Plattformen wie Twitter oder Facebook (über Werbung) Milliarden eingenommen werden, verteidigen nun auch Verleger ihre und damit die Interessen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
google und wikipedia in diesem kontext in den gleichen topf zu werfen ist schlicht daneben. wikipedia ist erstens ein nonprofitprojekt und zweitens eines der phänomenalsten internetprojekte überhaupt. entweder hat herr chefpublizist neininger es nicht begriffen oder er polemisiert wider besseres journalistisches wissen und zugunsten verlegerischer pfründe einfach irgendwas dahin.

weiter verlangt er:
Die Einnahmen sollen auch im Netz jenen zugutekommen, welche die Leistung erbringen, und nicht den Aggregatoren oder Distributoren.
damit meint er google & co. als ob google sein geld allein mit dem aggregieren von medieninhalten verdienen würde. wie auch immer: neininger predigt wasser und trinkt wein, er betätigt sich nämlich selber jeden sonntag als hobbyaggregator. in seinem blog postet er jeden sonntag rund 30 fotos von titelseiten und artikeln aus der sonntagspresse. zumeist ohne eigenen kommentar. obwohl die fotos nicht wirklich dazu geeignet sind, sowas wie “zeitung zu lesen”, bleibt es eine art von aggregation, der er doch eigentlich den garaus machen möchte. hallo?

seine forderung lautet:
Da das derzeitige Urheberrecht die neusten Entwicklungen nicht umfasst, muss ein sogenanntes Leistungsschutzrecht eingeführt werden, das sicherstellt, dass die Medienunternehmen ein exklusives Recht an ihren Inhalten auch im Internet haben und weder Artikel noch Auszüge daraus ungefragt (und entschädigungslos) verwendet werden dürfen.
die diskussion um ein neues leistungsschutzrecht wurde ja in deutschland schon heftig geführt. das leistungsschutzrecht ist im grunde nichts anderes als die überführung des einst extrem lukrativen verlegergeschäfts in eine geschützte werkstatt. abgesehen davon ist die branche in dieser frage mehr als doppelzüngig: es wäre mit einfachsten und wohlbekannten mitteln möglich, die eigenen artikel von jedwelcher aggregation durch suchmaschinen fernzuhalten. tut aber keiner der jammernden verlage. warum? weil sie einen guten teil ihres traffics von suchmaschinen erhalten.

und überhaupt: wozu braucht es ein leistungsschutzrecht, wenn die verleger ohnehin ihren content hinter paxwalls einbunkern wollen?

wie auch immer: der ruf nach neuen gesetzen hat im disruptiven wandel noch nie etwas gebracht – und wird es auch in diesem fall nicht.

dass das urheberrecht angesichts der digitalen revolution quasi neu geschrieben werden muss, liegt auf der hand. mit einem leistungsschutzrecht für die presse ist aber weder den verlegern noch den usern gedient. die latte für ein internetfähiges urheberrecht liegt viel, sehr viel höher.
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3. August 2010

bier ab der röhre



der heineken spot mit dem ankleidezimmer und dem zimmergrossen bierkühlschrank war schon ein sehr zielgruppengenauer wurf von seltener güte. der neue spot (oben) nimmt das gleiche muster auf und interpretiert es neu. toll gemacht.
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20. Juli 2010

der erste traceur



parkour ist eine höchst spektakuläre neue sportart, die in den letzten 10 jahren weltweit bekannt geworden ist. verwegene jungs springen, hangeln, hechten und klettern über alle möglichen hindernisse, am liebsten im urbanen raum. unglaublich, was die sog. traceurs vollbringen.

als einer der ersten grossen traceurs gilt der deutsche stuntman arnim dahl aus stettin, geb. 1922. wenn man obiges video ansieht, versteht man gut, dass herr dahl mit rund 100 knochenbrüchen mehr als 40 mal im spital gelegen hat, insgesamt über 4 jahre.

kein schleck.

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13. Juli 2010

tschüss moritz. gut gemacht.



nachdem unser medienminister moritz leuenberger anfangs 2007 zu bloggen angefangen hatte, wurde das leben als blogger ein klein wenig einfacher. das neue bundesratsblog war ein grosses medienthema und nach wenigen tagen wussten ein paar leute mehr, was ein blog ist. von da an musste man seine eigene bloggerei nicht mehr lang und breit erklären, man konnte einfach sagen “ich mach sowas wie der leuenberger”. es gab sogar leute, die von da an ihre skepsis gegenüber blogs schlagartig in verhalten wohlwollende duldung umpolten.

die journalisten wunderten sich sehr. die meisten aus ahnungslosigkeit, da sie sich bis dahin noch nicht wirklich mit blogs befasst hatten. und dann kommt da plötzlich der medienminister himself und macht so ein ding auf, in dem jeder leser einen kommentar hinterlassen kann – schreck lass nach.

medienleute und politiker fragten auch etwas ratlos, ob ein bundesrat nichts schlauereres zu tun hätte, als sein blog zu befüllen. sie merkten nicht, dass da etwas historisches passierte. leuenberger war damals und ist vielleicht heute noch der erste und einzige medienminister weltweit, der ein blog führt, in dem jeder bürger und jede bürgerin nicht nur kommentieren können, sondern vom minister himself auch noch ernst genommen werden.

dass er mehr dossiers studieren statt so lange an seinen reden feilen solle, werfen ihm die aparatschicks schon lange vor. zum glück hat ihn das nie gross beeindruckt und sicher hat er als preisgekrönter redner mehr leute beeindruckt, als viele erbsenzähler zugeben mögen.

2008 besuchte der bloggende medienminister das blogcamp 3.0. das blogcamp ist ein jährliches treffen der schweizer blog szene, rund 150 bloggerinnen und blogger treffen sich dort nach dem modell der sog. barcamps zum erfahrungsaustausch. leuenberger ist sicher der einzige medienminister weltweit, der je eine solche veranstaltung beehrt hat. warum? weil es ihn interessierte.

die bloggerei unseres abtretenden medienministers ist deshalb so aussergewöhnlich, weil er – man kann es nicht oft genug sagen – weit und breit der einzige ist. dafür muss man leuenberger beklatschen und die absenz solcher tools in den teppichetagen der politik muss man beklagen.

warum ist er der einzige? weil er qualitäten hat, die andere politiker nicht haben. er kann schreiben – und schreiben ist ein instrument des denkens. er hat seine politik zuerst gedacht, und sie dann erst gemacht. er war nicht nur in seinem blog bereit, etwas von sich preiszugeben. seine regungen und äusserungen im politbetrieb hatten immer eine starke persönliche note, die man bei den meisten anderen spitzenpolitikern vermisst und die für ein blog so etwas wie das salz in der suppe sind.

natürlich konnte leuenberger als bundesrat in seinem blog nicht einfach schreiben, was er will. deshalb darf man gespannt sein, was dort nach seiner amtszeit zu lesen sein wird.

ich mag kein haar in seiner 15jährigen bundesratssuppe suchen. seine echtheit, seine sprachgewandtheit, sein feingeistiges politiseren, sein im vergleich zu den anderen bleichgesichtern überragendes gespür das philosophische an sich und das politisch mögliche im besonderen, seine reden, seine bloggerei – das war nah dran an der sache, an den menschen, das war klasse.

tschüss moritz. gut gemacht.

+ + + + +

die fotos oben sind am blogcamp 3.0 in zürich an leumunds fotowall entstanden.
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9. Juli 2010

grübeln über lakaien und medientrainer

vor ein paar tagen hat andré marty eine bemerkenswerte liste von medienleuten gepostet, die vom journalismus in die pr oder die wirtschaft gewechselt haben.

vor zwei tagen hat fred david beim medienspiegel zum gleichen thema nachgelegt, unter dem der branche nicht gerade schmeichelnden titel “lakaien”.

in den kommentaren folgt dort eine sehr aufschlussreiche diskussion, in der fred david ein müsterchen zum besten gibt, das mich doch etwas ins grübeln bringt:

Ich nahm mal an einem intimen Zirkel mit führenden Zürcher Chefredaktoren und Wirtschafts- und Finanzjournalisten teil. Im Dolder Grand, es ist ein paar Jährchen her. Thema: Schwarzgeld auf Schweizer Bankkonten. Damals war das noch ein Tabuthema.

Erstmals wurden dort harte Zahlen von Bankenseite genannt. Zum erste Mal auch war von einer Billion CHF die Rede. Dies wurde mit der Auflage mitgeteilt, davon nach aussen keinerlei Gebrauch zu machen.
Fast alle hielten sich daran - Zauberstab! Obwohl das Informationen waren, die ein Journalist nicht unterm Deckel halten darf. Gerade bei diesem Thema hat man ja nun gesehen, was passiert, wenn so etwas Jahre, ja Jahrzehnte tabuisiert wird - und wenn sich Journalisten brav daran halten.

vielleicht geh ich, statt zu grübeln, doch lieber echolote eichen.

ts...
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8. Juli 2010

demnächst in bern: walterli - das theater



unter all den unzähligen open air events dieses sommers ist dieser eine kleine perle. ab nächsten dienstag gibts 9 furiose theaterabende zum totlachen mitten in der stadt bern, im wettersicheren hof des bistrot morillon, einem feinen restaurant und kulturlokal im monbijouquartier, öv in rufweite. ein feines sommerznacht, ein sprachgewaltiges und aberwitziges volkstheater – was will man mehr. daten hier.

walterli ist eine charmante, witzige, freche und sehr liebenswerte bubenfigur, erschaffen von timmermahn, dem grossen berner dichter, maler und theatermacher.

zu anfang, in den 90ern, hat timmermahn den walterli und seinen gegenpart, den vati, selber gesprochen, im radio, auf der bühne oder auf cd. das tönt dann so:


2008 hat timmermahn seinen walterli mit einer fulminanten premiere in der mühle huntziken auf die bühne gebracht. mit dem berner komödianten- und schauspieler duo schlechthin: ursula stäubli als walterli und marco morelli als vati. beide waren 1996 schon bei timmermahnʼs legendären Sunneggers (Züsis Heimkehr) dabei, beide sind seit langem auf bühnen, plätzen und dampfschiffen unterwegs, solo oder mit anderen verrückten.

aus der pressemappe:

“Timmermahn ist der Charles Bukowski des Märchengenres. Unter seiner Feder werden selbst derbe Emmentaler Flüche zur wohlklingenden Poesie.”, sagt Kurt Aeschbacher. Und Peter Bichsel fasste sich vieldeutig kurz: “Wer Timmermahn beschreibt, tut ihm unrecht.”

Der Bund (19.3.08): Timmermahn ist eine sprachgewaltige Saftwurzel, eine Quelle vergessener Begriffe. Und er ist ein Meister der kurligen Syntax, ein Rebell gegen korrekte Betonungen, ein Zelebrierer des Banalen und ein Schöpfer aparter Wörter, die so tun, als wären sie ein fester Begriff im ruralen Jargon. Etwa der «Riedschnäpf», das «Tigerwyb» oder eine «Trudspflutschä».

disclaimer: ich bin mit marco seit vielen jahren befreundet und unterstütze ihn in werbung und pr.
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29. Juni 2010

nicolas hayek


zwei aussergewöhnliche beiträge zum plötzlichen tod von nicolas hayek:

noch nie habe ich frank a. meyer so aufgewühlt gehört, wie bei diesem interview zum tod seines langjährigen freundes, aufgenommen heute morgen.
> tagesgespräch bei radio drs1

hayek war sich nicht zu schade, auch einem kleinen blogger ein interview zu gewären – so geschehen bereits 2006 bei rebell.tv, dem damals ersten und irgendwie bis heute einzigen schweizer videoblog.
> rebell.tv

update 30.6.10: das letzte grosse tv-interview mit hayek bei nzz standpunkte.
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deutschland-england mit arabischem kommentar



das fantastische deutschland-england-spiel resp. die vielen tore (auch das nichtgegebene) mit arabischem kommentar – ganz grosses kino ;-)

was der gute sagt, steht in etwa bei karim el-gawharys arabesken.
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21. Juni 2010

roboter truppe tanzt ravels bolero



die franzosen mögen derzeit unter dem motto "vive la farce" die desolateste fussball nationalmannschaft der welt haben, aber dafür tanzen sie in sachen roboter ballet ganz vorne mit. die niedlichen maschinen bewegen sich hier doch ganz passabel zu ravels bolero, zu sehen ist das im französischen pavillon der expo 2010 in shanghai.

via interweb3000
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19. Juni 2010

afrika podcasts

heute gibts ein paar exquisite afrika-podcasts um die ohren.

1) otto pfister: fussball-globetrotter

er hat in den letzten 40 jahren 15 afrikanische fussball nationalteams trainiert, zuletzt bis 2009 dasjenige von kamerun. als vereinstrainer war der "weisse zauberer" in ägypten, tunesien und libanon tätig und für die fifa leistete er fortbildungseinsätze in vielen anderen exotischen ländern. seine these lautet: hätten die afrikaner die gleiche infrastruktur wie die europäer, wären sie unschlagbar.

otto pfister ist 73 und sieht aus wie gute 50, er verhandelt gerade sein nächstes mandat als fussballlehrer – irgendwo auf dieser welt. sehr spannende geschichten aus diesem reichen leben erzählte der weltenbummler kürzlich im focus bei drs3.

2) das unterseekabel in madagascar

das internet ist in afrika ebenso schlecht ausgebaut wie alle anderen netzwerke (strassen, wasser, energie etc.). in vielen ländern oder gegenden ist der zugang zum internet noch heute nur über sündhaft teure satelliten möglich. neue unterseekabel verbessern die situation (fast) nur in den küstenregionen, weil die kabel ins binnenland oft gestohlen oder im rahmen von kriegshandlungen zerstört werden.

in madagaskar, der bitterarmen insel östlich von mozambique, wurden kürzlich die ersten zwei unterseekabel angelandet. radio drs war dort auf reportage und berichtet, wie das glasfaserkabel und neue handy-technologien das leben der menschen verbessert.

3) afrika online, femi kuti, lagos

philip banse ist ein berliner journalist und podcaster. er arbeitet für den deutschlandfunk und für deutschlandradio kultur und er ist der autor der bekannten und sehenswerten blogger-interviews "meinungsmacher" bei dtcp. in seinem sehr erfrischenden küchenradio, das er mit freunden betreibt, hat er mehrere podcasts veröffentlicht, die er auf einer reise in westafrika produziert hat:

Afrika Online #1: Alexander Sulzberger ist vor über zehn Jahren in Ghanas Hauptstadt Accra gezogen und hat einen Internet Service Provider gegründet. Ecoband ist eine Art Großkunden-ISP und versorgt vor allem Firmen in Accra mit Netzzugang. Alexander spricht bei 93% Luftfeuchtigkeit mit dem Schweiß gebadeten DocPhil ausführlich über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Internets in Afrika: Welche Techniken kommen zum Einsatz? Wie ist das mit den Seekabeln? Welche Geräte nutzen die Leute?

Afrika Online #2: Kafui Prebbie leitet die One Village Foundation in Ghana. Ziel der Stiftung ist, das IT-Wissen der Bevölkerung zu verbessern und sie vor allem ans Netz zu bringen. DocPhil besucht Kafui im Vorzeige-Projekt der Stiftung, dem “Open Digital Village” in Winneba, ein 45.000-Einwohner-Ort an der Südküste Ghanas, eine Autostunde von Accra entfernt. Hunderte Menschen saugen hier an einer 1-Mbit-Leitung – und sind zufrieden. Die Daten werden im Viertel verteilt mit deutscher Freifunk-Technik. Die Datenoase in der Datenwüste. Gespräch und Hausbesuch.

Lagos #3 (Femi Kuti): Bastian Steffen lebt seit 25 Jahren in Lagos, spielte mit 9 dort Fußball, ging zur Schule, arbeitete im Shrine von Fela Kuti und managte dessen Sohn Femi Kuti. Bastian über das Leben in Nigerias Hauptstadt und seine Erfahrungen mit zwei der wichtigsten Musiker Afrikas.

Lagos #1 und Lagos #2 skizzieren das für uns kaum vorstellbare leben in der 15millionen-megacity lagos.

viel spass.
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14. Juni 2010

wir sind gotthard

"wir sind gotthard" ist ein wunderschöner film rund um den gotthard, seine grosse bedeutung als alpenquerung, über die festungen, den tourismus, die knorrigen einheimischen, die grandiose landschaft. und wie sich die region mit dem gigantischen tourismusprojekt des ägypters samih sawiris gerade mal wieder neu erfindet.

der autor vital franz hauser arbeitet seit 2006 an dieser doku, sie ist auf kinolänge angelegt, die ersten 50 minuten gibts jetzt via youtube. fullscreen empfohlen.











via andermatt resort blog
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11. Juni 2010

moritz alfons: plattform für gitarren leadsheets



noten von aktuellen hits erscheinen, wenn überhaupt, mit einer zeitlichen verzögerung von einigen jahren.

solche noten, oder genauer gesagt lead sheets, braucht man im musikunterricht. dieser funktioniert am besten, wenn die jugendlichen ihre lieblingsstücke aus den aktuellen charts spielen dürfen – siehe unten.

das heisst für den musiklehrer, dass er sich die mühe macht, selber ein leadsheet für das gewünschte stück herauszuschreiben.

moritz alfons, der sohn meines lieben freundes marco morelli, ist ein begabter junger künstler. er ist als tänzer, performer und musiker unterwegs, kürzlich gerade mit öfföff in spanien (video oben), oder hier und hier.

und er ist ein sehr engagierter gitarrenlehrer. er hat für seine schüler schon unzählige gitarrenleadsheets angefertigt, er schreibt dazu:

In den Jahren, in denen ich in fester Anstellung an einer Musikschule Kinder und Jugendliche in E-Gitarre unterrichtete, hat sich mein Unterrichtsstil in didaktischer und methodischer Hinsicht immer mehr verdeutlicht. Ich habe einerseits herausgefunden, welche Themen bei meinen Schülern gut ankommen bzw. was sie interessiert und motiviert, andererseits ist mir auch klar geworden, welche Art Unterricht mich selber interessiert und inspiriert. Ein wichtiger Punkt ist für mich die kontinuierliche Erneuerung oder Erweiterung meines Unterrichtsmaterials. Das unterrichten bleibt für mich dann interessant und spannend, wenn ich immer wieder neues Material entdecke und dieses mit meinen Schülern ausprobiere.
Dies geschieht in erster Linie dadurch, dass ich sehr stark auf die Wünsche meiner Schüler eingehe und dadurch gezwungen bin, mich immer immer wieder mit neuen Songs und neuen Musikstilen auseinander zu setzen. Ich fordere meine Schüler – egal welcher Alters- und Niveaustufe sie angehören – immer wieder explizit auf, sich zu überlegen, was sie lernen wollen, und Stücke mitzubringen, die sie gerne spielen möchten.

moritz hat sich nun gedacht, dass ein paar andere musiklehrer wohl das gleiche tun und dass folglich so manches leadsheet zwei- oder hundertfach geschrieben wird.

diesen ansatz hat er zum thema seiner pädagogoischen diplomarbeit an der jazzabteilung der musikhochschule luzern gemacht und eine plattform für den austausch von gitarrenleadsheets ins leben gerufen. sie heisst DeinGitarrenSheet und läuft seit wenigen wochen.

ich durfte moritz ein wenig beraten bei diesem projekt. ich habe ihm für die startphase eine einfache und schnell zu erlernende konfiguration empfohlen: blogger.com (auch dieses blog läuft damit) in kombination mit issuu.com. beide tools sind gratis und einfach zu bedienen/kombinieren, und mit issuu können auch ungeübte internetanwender das sheet ausdrucken. sollte das projekt fahrt aufnehmen, kann man es zur richtigen zeit mit dem richtigen cms ausstatten.

für die diplomarbeit hat diese low budget website seinen dienst bereits getan – moritz ist seit kurzem eidg. dipl. jazzmusiker. ich gratuliere herzlich.

> bitte an alle gitarren afficionados weiterempfehlen.

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update 17.06.2010: moritz hat für seine diplomarbeit DeinGitarrenLeadsheet eine glatte 6 (das ist in der schweiz die bestnote ;-) bekommen.

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4. Juni 2010

die apparatschikse


in bern hat wiedermal die feministische hardcoresprachpolizei zugeschlagen. die hammerin.

fussgängerstreifen z.b. sei diskriminierend, zumindest theoretisch. deshalb soll die verwaltung nur noch von zebrastreifen reden. allerdings nur in die korrespondenza und nicht in gesetzestextinen, da zebrastreifen in die  juristereia nicht vorgesehen ist.

an stelle von vater oder mutter soll der verbeamtete menschling jetzt von elternteil oder – kein witz – das elter sprechen.

ich frage mich nun, ob ich hier künftig den begriff der apparatschickse einführen soll. oder habt ihr lieber aparatschicksa?

und noch was frage ich mich: alles schön rosa? sonst noch probleme?

damen, amen.
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