31. August 2010

bireweich: leutschenbach huldigt seinem gefallenen (nasa)-engel

Schweiz aktuell vom 31.08.2010

nicht zu fassen. leutschenbach unterbietet sich in seinen journalistischen leistungen fast wöchentlich (kürzlich brachten sie eine easyjetverspätungsstory als aufmacher in der tagesschau, als ob es keine anderen probleme gäbe auf diesem maroden planeten).

nachdem man beim schweizer fernsehen die sog. hochstaplerin bb über allen klee gelobt hatte, und dieses seltsame schmierenspektakel selbst in der wissenschaftssendung (oder was auch immer das sein soll) einstein mitgespielt hatte, setzt man heute dem publikum ein eher krudes exklusivinterview mit der gefallenen hochstaplerin vor. siehe oben.

dort darf sie jammernd eine knackige schlagzeile liefern (ich bekomme morddrohungen) und ausbreiten, dass ihre sponsoren sich allesamt abgemeldet haben. allesamt deppen, mit verlaub.

aber was sponsoren und der private boulevard alles anstellen, ist erstens bekannt, zweitens eh zum kotzen und drittens hier (fast) nie ein thema. ein ganz anderer fall ist das staatliche fernsehen. dort sollte man ein mindestmass an journalistischen tugenden erwarten dürfen – anderseits ist leutschenbach ersatzlos zu schliessen und der ganze dreck den privaten zu überlassen.

kein geringeres als das wissenschaftsflaggschiff “einstein” hat die grossmaulige bb in ihrem hobbycamp in den usa besucht, dort das unmögliche pfadilager abgedreht und die mär von der neuen nasafrau munter mit- und weitergestrickt. “mit etwas glück steht sie in ein paar jahren auf dem mond”, verlautbart aeschbacher mitte juni 2010.

und heute – nach der grossflächigen enttarnung im tagi (siehe auch meinen post hier, selbst die uni zürich ist auf die falsche nasafrau reingefallen) – heute also eine trändendrüsige schmierengeschichte von der armen bb, die morddrohungen bekomme und alle ihre sponsoren verliere (deppen, wie gesagt). und dann noch ein abgehobener schulleiter, der noch immer glaubt, so eine profilneurotikerin auf seine schüler loslassen zu dürfen, sie sei nur etwas zu träumerisch gewesen, haha... – unglaublich.

journalismus? pfffff... von wegen. billigster boulevard, staatlich organisiert, unterste schublade.

herr de weck, bitte aufräumen.
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25. August 2010

ein leben mit allen medien

nzz-medienredaktor rainer stadler hat darüber sinniert, dass blogs die massenmedien nicht ersetzen könnten (was auch nie jamand behauptet hat). als beispiel nennt der den fall burtscher. erst der tagi habe jüngst die nötige öffentlichkeit geschaffen, obwohl schon im januar im infamy blog darüber berichtet worden sei. sein fazit:
Ich-Buden im Internet schaffen keine relevante Öffentlichkeit. Dazu braucht es die guten alten Kanäle.
stimmt. ist aber nur die halbe wahrheit. bei infamy gibt es seit jahren etliche geschichten, die man eigentlich in den guten alten kanälen lesen möchte. mit anderen worten: die schurnis in der schweiz schauen einfach nicht hin. oder sie schauen zwar hin, dürfen dann aber nicht.

als zweites beispiel fügt er die veröffentlichung von x-tausend heissen afghanistan-dokumenten bei wikileaks an. seine these ist die gleiche wie die unzähliger anderen journalisten: ohne die zusammenarbeit mit spiegel, nyt & co. hätte diese veröffentlichung nicht so viel aufmerksamkeit erreicht. woher er das weiss, lässt er offen. tatsache ist, dass die veröffentlichung dieses videos – 2 monate vorher – auch ohne die alten kanäle eine sehr grosse öffentlichkeit erreicht hatte.

in herr stadlers analyse fehlt mir etwas die tiefe. wikileaks kann man nicht auf diese weltweit aufsehen erregenden afghanistan-dokumente reduzieren. in wikileaks wurden z.b. kürzlich auch eine grosse anzahl dokumente zum fall duisburg veröffentlicht. dokumente, die ohne wikileaks nicht öffentlich wären. für die direkt betroffenen (eltern, freunde der opfer, etc.) und die menschen in duisburg ist das sehr wichtig, nicht zuletzt darum, weil die “alten kanäle” schon längst am abarbeiten des nächsten oder übernächsten aufregers sind.

dass “ich-buden” keine relevante öffentlichkeit schaffen, ist auch nur die halbe wahrheit. immerhin war es genau so eine “ich-bude”, die den rücktritt von köhler ausgelöst hatte. yes – das war in deutschland. und wer sich dort in der medienlandschaft ein wenig umsieht, wird auf etliche beispiele treffen, in denen blogs durchaus etwas bewirken. tendenz stark steigend.

ganz zu schweigen von den usa. dort haben blogs einen viel höheren stellenwert als in good old europe. dort haben sich blogs etabliert, die in der politischen diskussion durchaus etwas zu sagen haben. tendenz steigend.

klar, dass das in der schweiz noch etwas dauert. die deutschschweiz zählt gerade mal 4,9 mio. menschen. das ist etwa gleich klein wie der grossraum münchen. kommt dazu, dass hier nicht nur die mediale entwicklung immer etwas im hingerlig ist. auch sf.tv bringt die ganz doofen formate immer erst jahre nach den anderen ;-)
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18. August 2010

auch die uni zürich ist auf frau burtscher reingefallen


heute brachte der tages anzeiger eine ganze seite über die physiklehrerin barbara burtscher, die sich in den letzten jahren erfolgreich in allerlei medien vorgedrängelt hatte, um eine abstruse karriere als astronautin oder gar als erste frau auf dem mars zu promoten. nettes detail am rande: der tagi verschweigt dabei, dass er selber die “hochstaplerin” (zitat tagi) auch 2x gefiitschert hatte, einmal strickte er handfest an der ollen burtscher-nasa-legende mit.

aufgefallen ist mir die publizitätssüchtige toggenburgerin erstmals im letzten januar in der drs3 talkshow focus – ich traute meinen ohren nicht. focus ist eigentlich eine seriös gemachte sendung, die mir schon manche exquisite radiostunde mit hochinteressanten gästen geboten hat. aber die sogenannte astrophysikerin hörte sich an wie ein teeniegirl, das vom next-marsmännchen-camp berichtet. man hört schon in den ersten minuten, dass die nasa einpacken könnte, würde sie wirklich mit solchen leuten arbeiten. henusode.

ein paar tage später las ich ein posting bei den bloggerkollegen von infamy, das mich wieder aufhorchen liess. die hatten sich erdreistet, die seriosität von frau burtscher in frage zu stellen. worauf diese postwendend forderte, die einträge sofort zu löschen, andernfalls sie ihren rechtsschutz bemühen würde. zwecks vermeidung von unnötigem aufwand haben die infamy blogger die beiden posts gelöscht und stattdessen das hier vermeldet.

das machte mich dann doch etwas stutzig. wer als cervelat promi gleich mit den juristen droht, macht sich erst richtig interessant.

ich googelte also bisserl rum und stiess neben der beachtlichen burtscherei auf allen kanälen auf höchst bermerkenswertes. die toggenburger astrophysikerin schaffte es nämlich, mit ihrem banalen mars- und nasageschwafel noch bei einer ganz anderen orga unterzukommen als in all den unterdotierten boulevardmedien, nämlich bei der – achtung, jetzt kommts – universität zürich.

dort hat frau burtscher studiert. an der mathematisch-naturwissenschaftlichen fakultät hat sie eine bachelorarbeit zu einem thema der astrophysik geschrieben und dafür ein gut/sehr gut erhalten. wozu ich ihr herzlich gratulieren möchte.

weil sich in dieser fakultät der nachwuchs etwas rar macht, durfte frau burtscher auf der website der fakultät über ihr marscamp bloggen. schon nach dem lesen von wenigen postings wird klar, dass das nichts mit seriöser wissenschaftlicher arbeit zu tun hat.

im startposting schreibt die universität zürich:
Die Physik-Lehrerin und MNF-Absolventin Barbara Burtscher wurde ausgewählt, zusammen mit fünf anderen Forschern in der «Mars Desert Research Station» das Leben auf dem Mars hier auf der Erde zu erpoben. Im Juli erst war Barbara Burtscher Teilnehmerin im NASA-Astronautencamp.
nasa-astronautencamp? – dass die abstruse medienkarriere der frau burtscher überhaupt stattfinden konnte, ist ja schon schlimm genug. dass aber sogar eine uni darauf reinfällt und diesen banalen astro- und nasa-content auch noch im zeichen der nachwuchsförderung ins netz stellt... brachte mich doch etwas ins grübeln. wird demnächst auch mike shiva mal ran dürfen?

ich habe also die mathematisch-naturwissenschaftlichen fakultät der universität zürich angemailt und etwas genauer nachgefragt. zuerst interessierte mich, ob sich frau burtscher mit ihrem marscampgedöns überhaupt astrophysikerin und forscherin nennen darf. als zweites wollte ich wissen, was denn der zweck des burtscher blogs auf der fakultäts website sei und was der content dort mit wissenschaft zu tun habe.

das mail war kaum draussen, schon kommt ein anruf von calista fischer, der medienfrau der fakultät. sie war sehr aufgeregt. sie sagte, sie werde das mit dem dekan besprechen, wolle aber vorher noch kurz mit mir darüber reden und ich würde dann eine schriftliche antwort zur publikation in meinem blog erhalten. das telefongespräch dauerte mehr als eine stunde.

nach zwei tagen kam dann eine knappe stellungnahme. ich hatte dann aber keine zeit und keine lust, ein ausführliches und juristisch wasserdichtes posting zu schreiben und liess es bleiben.

zur ergänzung der tagirecherche von gestern reiche ich die antwort von frau calista fischer vom 11.2.2010 jetzt doch noch nach:
Astrophysikerin/Forscherin
Frau Burtscher hat ihr Studium an der Universität Zürich mit der als gut bis sehr gut eingestuften Bachelorarbeit mit dem Titel «Analysis of microlensing events towards the galactic buldge», d.h. einem Thema aus der Astrophysik, abgeschlossen. Es steht ihr deshalb zu, sich als Astrophysikerin zu bezeichnen. Zum Begriff Forscherin: Forschung findet bekanntlicherweise auch ausserhalb der Hochschulen statt, entsprechend breit gefasst sind die Begriffe Forscher und Forscherin.
(Zu Ihrer Information: An Schweizer Hochschulen gibt es keine Bachelor- und Mastertitel in Astrophysik. Abgeschlossen wird mit einem Bachelor bzw. Master of Science in Physics.)

MNF-Blog
Wie ich Ihnen am Telefon erklärt habe: Mit der Blog-Serie richten wir uns an Gymnasiasten, an Jugendliche im Alter zwischen 12 und 19 Jahren. Die MNF-Blogs zeigen auf, welche beruflichen Wege und Möglichkeiten ein Abschluss in Naturwissenschaften an der Universität Zürich bietet. Der nächste Blog startet am 1. März und wird von einer Mathematikerin bestritten, die im November eine Doktorarbeit in Biochemie angefangen hat.
nun, astrophysikerin und forscherin mag für frau burtscher rein juristisch noch durchgehen. zumindest im allgemeinen (medien-)leben kann man das – wie figura zeigt – so machen. aber an einer uni?

die grosszügige auslegung dieser titelfrage hängt mit frage zwei zusammen, dem blog von frau burtscher auf der website der fakultät. frau burtscher ist dort hochoffiziell eine art botschafterin für den universitären nachwuchs. die marsforscherin aus dem toggenburg steht als beispiel dafür, dass man aus einem naturwissenschaftlichen studium auch etwas lässiges machen kann. sie durfte im märz sogar an einem informationstag für schülerinnen und schüler auftreten.

dass frau burtscher auf dem boulevard einen ganz und gar unwissenschaftlichen und zunehmend peinlichen marstanz aufführt, scheint die fakultät bei ihrer nachwuchsförderung nicht im geringsten zu stören.

neben dem kläglichen mediendrama ist das ein zweites, eher noch schlimmeres dazu.

+ + + + +
> frau burtscher behauptet auf ihrer website, ihr mailaccount sei gehackt worden. infamy hat gute argumente, dass das so nicht stimmt.
> das st. galler tagblatt hat auf den tagiartikel nachgefasst.

update 07.00 uhr: newsnetz legt nach: wie die medien auf den burtscher-flop reagieren.
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17. August 2010

verleger fordern die geschützte werkstatt


nach der imhof-studie haben verleger und journalisten ja nicht mehr viel zu lachen. hatten sie zwar schon vorher nicht, aber jetzt ist das der düstere befund wissenschaftlich untermauert, was zumindest die journalisten etwas aus der reserve lockt. gut so.

heute hat norbert neininger in der nzz einen text publiziert, in dem er ein neues leistungsschutzrecht für die schweizer verlage verlangt. norbert neininger ist chefredaktor und verleger der schaffhauser nachrichten und mitglied des präsidiums des verbands der schweizer presse, dortselbst zuständig für das departement publizistik.

“verlage haben anrecht auf besseren schutz” lautet der titel seines artikels. das verlangte die musikindustrie vor wenigen jahren auch schon (vergeblich).

sein artikel ist in verschiedenen aussagen bemerkenswert. so ist er z.b. der meines wissens erste verleger, der versäumnisse der verleger zugibt:
Das Internet – also die Möglichkeit, weltweit Daten verzögerungsfrei und gratis auszutauschen – wurde, und das muss man selbstkritisch zugeben, auch von den Verlegern jahrelang unter- oder falsch eingeschätzt. (...)
dieses eingeständnis ist dem schaffhauser vollblutverleger hoch anzurechnen. so klar hat das keiner seiner kollegen je zugegeben. das gibt einen punkt nach schaffhausen. den zweiten punkt kriegt herr neininger dafür, dass er sich schon vor einiger zeit ein ipad besorgt hat, um auszuchecken, was da sache ist. er ist begeistert (und sieht möglichkeiten für seine branche). damit – mit dem selber ausprobieren neuer technologie – dürfte er bei seinen kollegen in einer minderheit sein. gerade kürzlich hat sich ausgerechnet der medienpionier roger schawinski darüber ausgelassen, warum bei ihm kein ipad ins haus kommt. nicht mal zum ausprobieren.

leider hat der gute wille bei herr neiniger nicht viel genützt. in seinem paphlet von heute in der nzz sagt er z.b.:
Die Internetgemeinde aber wird mit der Realität konfrontiert: Nachdem klar geworden ist, dass es weder Google noch Wikipedia um die Vermehrung des Wissens, sondern um Marktanteile, Umsatz und Ertrag geht und auch auf den Social-Media-Plattformen wie Twitter oder Facebook (über Werbung) Milliarden eingenommen werden, verteidigen nun auch Verleger ihre und damit die Interessen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
google und wikipedia in diesem kontext in den gleichen topf zu werfen ist schlicht daneben. wikipedia ist erstens ein nonprofitprojekt und zweitens eines der phänomenalsten internetprojekte überhaupt. entweder hat herr chefpublizist neininger es nicht begriffen oder er polemisiert wider besseres journalistisches wissen und zugunsten verlegerischer pfründe einfach irgendwas dahin.

weiter verlangt er:
Die Einnahmen sollen auch im Netz jenen zugutekommen, welche die Leistung erbringen, und nicht den Aggregatoren oder Distributoren.
damit meint er google & co. als ob google sein geld allein mit dem aggregieren von medieninhalten verdienen würde. wie auch immer: neininger predigt wasser und trinkt wein, er betätigt sich nämlich selber jeden sonntag als hobbyaggregator. in seinem blog postet er jeden sonntag rund 30 fotos von titelseiten und artikeln aus der sonntagspresse. zumeist ohne eigenen kommentar. obwohl die fotos nicht wirklich dazu geeignet sind, sowas wie “zeitung zu lesen”, bleibt es eine art von aggregation, der er doch eigentlich den garaus machen möchte. hallo?

seine forderung lautet:
Da das derzeitige Urheberrecht die neusten Entwicklungen nicht umfasst, muss ein sogenanntes Leistungsschutzrecht eingeführt werden, das sicherstellt, dass die Medienunternehmen ein exklusives Recht an ihren Inhalten auch im Internet haben und weder Artikel noch Auszüge daraus ungefragt (und entschädigungslos) verwendet werden dürfen.
die diskussion um ein neues leistungsschutzrecht wurde ja in deutschland schon heftig geführt. das leistungsschutzrecht ist im grunde nichts anderes als die überführung des einst extrem lukrativen verlegergeschäfts in eine geschützte werkstatt. abgesehen davon ist die branche in dieser frage mehr als doppelzüngig: es wäre mit einfachsten und wohlbekannten mitteln möglich, die eigenen artikel von jedwelcher aggregation durch suchmaschinen fernzuhalten. tut aber keiner der jammernden verlage. warum? weil sie einen guten teil ihres traffics von suchmaschinen erhalten.

und überhaupt: wozu braucht es ein leistungsschutzrecht, wenn die verleger ohnehin ihren content hinter paxwalls einbunkern wollen?

wie auch immer: der ruf nach neuen gesetzen hat im disruptiven wandel noch nie etwas gebracht – und wird es auch in diesem fall nicht.

dass das urheberrecht angesichts der digitalen revolution quasi neu geschrieben werden muss, liegt auf der hand. mit einem leistungsschutzrecht für die presse ist aber weder den verlegern noch den usern gedient. die latte für ein internetfähiges urheberrecht liegt viel, sehr viel höher.
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3. August 2010

bier ab der röhre



der heineken spot mit dem ankleidezimmer und dem zimmergrossen bierkühlschrank war schon ein sehr zielgruppengenauer wurf von seltener güte. der neue spot (oben) nimmt das gleiche muster auf und interpretiert es neu. toll gemacht.
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