die erste woche newsnetz liegt hinter uns. ich habe mir ein paar gedanken gemacht über ein erstaunlich unfertiges produkt.
• kommentareleser können artikel kommentieren. toll. das ist die zukunft: der rückkanal. allerdings ist mir nicht ganz klar, wo man kommentieren kann und wo nicht. dort, wo es schon kommentare hat, ist es kein problem, aber dort, wo es noch keine hat, ist es eins – ich jedenfalls finde den knopf nicht.
• nichts verpassendem slogan "nichts verpassen", mit dem das portal wirbt, wird noch nicht ganz nachgelebt. vor allem im lokalbereich liegt noch etwas potential, finde ich. auf bernzeitung.ch gibt es unter region/emmental zwar zwei drei meldungen einer bestimmten stadt, aber das ist nur die hälfte von "nichts verpassen".
erst auf der
alten espace seite finde ich alle artikel der berner zeitung, die auch im print zu finden sind. mit anderen worten: ich muss jetzt zwei websites konsultieren, um nichts zu verpassen. es ist nicht nachvollziehbar, warum man auf der alten site alle artikel aus der printausgabe publiziert und auf der neuen nur teile daraus.
• domain- und markengewuselsehr geheimnisvoll auch die geschichte mit der domain baslerzeitung.ch. sie steht zum verkauf, aber die baz will sie nicht. das verkündet nicht etwa der ceo der neu gegründeten baz(online)ag, die als herausgeberin des baz online auftritts fungiert, sondern der cfo (chief financial officer) der basler zeitung medien, also dem mutterhaus. nicht der medienstratege, sondern der finanzer. er verlautbart bei persönlich.com:
Bei der "Basler Zeitung" ist man nicht unmittelbar an einem Kauf der Domain interessiert, wie Jürgen Hunscheid, CFO der Basler Zeitung Medien, auf Anfrage von "persoenlich.com" erklärt.
sehr wuselig, irgendwie. und überhaupt: eine der simpelsten und ältesten regeln, um einen alten real life brand ins internet zu zügeln lautet: die url sollte gleich heissen wie der gut eingeführte brand. aus berner zeitung wird also bernerzeitung.ch, aus tages anzeiger wird tagesanzeiger.ch – nur aus basler zeitung wird bazonline.ch.
gut, das kann man machen, selbst dann, wenn die ganze branche weiss, dass das nur suboptimal ist und der zusatz "online" eingedampft werden kann auf das ".ch" am ende der wortmarke. wenn man aber auf den kauf der url baslerzeitung.ch verzichtet, wird das ganze brandingpuff noch wuseliger – voilà:

man wird also auf
baslerzeitung.ch auch weiterhin auf eine nette kleine linkschleuder stossen.
• blogs & factsdass tagesanzeiger.ch darauf verzichtet, die hauseigene debatten community
facts.ch zu verlinken oder gar zu empfehlen, finde ich bemerkenswert. das hauseigene top blog von hugo stamm wird zwar verlinkt, aber ohne zu erwähnen, dass es ein blog ist. aber bazonline.ch verliert schliesslich auch kein wort über
das eigene weblog.
dort ist man noch am üben irgendwie. jedenfalls hat peer ditmar den takeover von sich und seinem aggregator logcut durch die bzm(online)ag zwar selber gepostet, aber nur einen bericht der werbewoche gecopypastet. bitte weiterüben. die
digital strategy im allgemeinen und das marketing development im speziellen wird sicher noch vertieft werden. da sind wir mal zuversichtlich.
• datierunges gibt noch weitere details, die bei newsnetz nicht gepflegt werden und darum
zu reden geben. die datierung von artikeln zum beispiel. im online news geschäft nicht weniger wichtig als im print. bei den meisten artikeln heisst es "aktualisiert vor X minuten". auch bei artikeln von gestern. dann steht da "aktualisiert um 16.54 uhr", obwohl es erst morgens um zehn ist.
bei anderen artikel heisst es "aktualisiert am xx.x.xx", also nur ein datum, keine uhrzeit. bei wieder anderen steht gar nix. zudem ist "aktualisiert" ein eher untauglicher begriff, finde ich. den leser interessiert ja wohl eher, wann ein artikel publiziert worden ist und wann allenfalls weitere infos (updates) dazugekommen (aktualisiert) sind.
erstaunlich, dass so simple sachen nicht von anfang an klappen.
• paranoia disclaimerdie branche lacht sich schief: die geschichte mit dem unsäglichen disclaimer bei tagesanzeiger.ch. dort hiess es bis vorgestern, wie
schurnischreck ugugu enthüllt hat, neben anderen merkwürdigkeiten auch folgendes:
Zudem ist für Links, die von einer fremden Website auf die TA-Website führen, stets vorgängig eine ausdrückliche, schriftliche Bewilligung von Tamedia einzuholen.
klar, ich weiss, internet ist ein prozess und so. mein blog hat auch nicht schon am ersten tag so supi ausgesehen wie heute. aber immerhin tritt das newsnetz mit dem anspruch an, das attraktivste newsportal der schweiz sein zu wollen. zu diesem anspruch passt ein paranoia disclaimer aus den 90ern sehr schlecht.
• contentals alter medienjunkie ist man ja gewohnt, möglichst viele verschiedene zeitungen zu lesen. im print geht das aber schon nicht mehr so gut wie früher, immer öfter steht der gleiche text in zwei oder mehr zeitungen.
jetzt publizieren die drei grössten titel des landes unter dem gleichen onlinedach, da stellt sich natürlich die frage, ob das gut gehen kann. dabei passieren schon mal ausrutscher, die eigentlich auch in der startphase nicht passieren sollten. ein haarsträubendes beispiel
hat peter hogenkamp festgehalten und dazu gesagt:
schlechtes Basler Handwerk, denn das kann ja wohl nicht der Anspruch sein.
der anspruch? der lautet immerhin:
"den Leserinnen und Lesern das attraktivste Nachrichtenportal der Schweiz zu bieten"
warum man gleich mit solchen superlativen um sich werfen muss, keine ahnung. aber bitte nicht erschrecken, wenn wir euch daran messen.
• boulevardisierungbeispiel von heute morgen:

wohlverstanden, das sind die zwei topthemen gleich unter dem megabanner zu den unterkategorien basel und schweiz. ähm... nochmal hingucken, bitte: links die tittenparade von the next big bademeister, rechts eine falsche und für jeden toten soldaten hochbeleidigende headline.
sagte da jemand was von nachrichtenportal? journalismus? wichtige themen und so?
• designneu ist das design nicht, muss es auch nicht sein. die schriften sind angenehm gross, die bilder grosszügig, ein schön gemachtes grundgerüst. dass jede der drei partner eine eigene titelschrift hat, finde ich eher verwirrend. wie das ganze aussehen wird, wenn dann mal alle drei partner ihr eigenes zeug wirklich in die seite eingebaut haben, wird sich zeigen.
• fazitfür den mainstream user mag das ein guter start sein, online afficionados wundern sich ab der unfertigkeit und fehlenden detailtreue.
> tagesanzeiger.ch>
bazonline.ch>
bernerzeitung.chupdate 09.07h: der medienspiegler sieht den oben erwähnten matterhorn/irakkrieg-vergleich ähnlich kritisch:
An Zynismus oder journalistischer Naivität kaum zu überbieten...>
medienspiegel.