22. August 2008

komatexten


in den letzten tagen haben wir in den medien wiedermal eine beispielhafte skandalisierung eines themas erlebt. stichwort: botellon. die indizien: sprachliche details.

von einem 17jährigen organisator war die rede. organsiator? der mann hat nichts weiter als auf facebook den termin eingestellt, das dauert keine fünf minuten. von organisieren kann da keine rede sein. jeder, der schon mal ein familienfest für 50 leute organisiert hat, weiss das.

die weltwoche hat gestern von "orchestrieren" gesprochen. das kommt der sache schon näher. soziale netzwerke sind erstklassige instrumente, um einen apero zu orchestrieren. im sinn von: hey kollegen, lasst uns einen heben gehn.

wenn dann aus den gemeinten 10 kollegen plötzlich ein paar tausend werden, hast du allerdings ein problem. selbst dann, wenn du nicht zu einem besäufnis aufrufst, sondern nur zu einem lustigen abend, an dem jeder seine drinks selber mitbringt.

eigentlich würde das ja schon reichen für eine gute schlagzeile, völlig: ein paar tausend jugendliche treffen sich zu einem fröhlichen picknick resp. drinknick. sie bringen sogar die abfallsäcke selber mit. aber die medien machen nicht nur ein besäufnis daraus, sondern ein massenbesäufnis. sie sprechen von abfallbergen, von kinderkomatrinkern, vom weltuntergang quasi.

nehmen wir also an, ich würde bei facebook zu einer kollektiven meditation in einem öffentlichen park (morgens um sechs) anregen und es melden sich plötzlich ein paar tausend wellnesscats an, weil man ja am rande von olympia auf allen kanälen diese tausenden von chinesen in den parks beim taitschiifrühturnen gesehen hat.

dann hab ich das gleiche problem wie der 17jährige botellon "organsiator". die medien würden mir unterstellen, das sei die verkappte gründung einer falung gong filiale.

so geht das – im vereinten boulevard. man textet die leute ins koma.
.

3 Kommentare:

  1. jes. Dieser Aufruf zur Massenhysterie nervte mich auch. Im Kofmehl findet jedes Wochenende ein Massenbesäufnis statt.

    AntwortenLöschen
  2. Schön gesagt. Vor Aufregung velieren auch die Medien den Blick aufs Ganze - irgendwie ganz schön vernebelt.

    AntwortenLöschen
  3. Hm, da haben wohl welche Angst, wenn die Leute diese Möglichkeit der Vernetzung erst mal entdeckt haben, könnten sie auf die Idee kommen, sie auch für sinnvolle subversive Aktionen zu nutzen?

    AntwortenLöschen

Bitte keine unnetten Kommentare. Die werden hier gelöscht. Danke.