7. Februar 2007

plakat-hack gegen piracy-kampagne


bilder: werbewoche

ausgerechnet eine kampagne gegen das klauen von geistigem eigentum wurde in bern sozusagen "gehackt". die urheber der kampagne reagieren betupft und vergeben eine kommunikations-chance.

die pointierten textplakate wurden mit cleveren statements ergänzt und dann vermutlich von den unbekannten hackern selbst fotografiert und via mediendienste ins netz gepflanzt, wo sie im dung der blogs ihre verbreitung finden werden.

die verantwortliche werbeagentur findet das natürlich gar nicht lustig. aber sie ist auch ein wenig selber schuld, indem sie erstens nicht mit dem netz gerechnet hat und zweitens das thema irgendwie am falschen zaum aufzäumte. die werbefritzen aus zürich reagieren sehr betupft:

«Es handelt sich um einen Vandalenakt und um Sachbeschädigung, welche von Unbekannten verübt wurde. Sie ist weder im Sinne der Auftraggeber, unserer Werbeagentur noch der Allgemeinheit. Zudem ist sie für jeden, der die Problematik von Piraterie und Fälschungen kennt, dumm und undifferenziert.» Es geht in Greteners Augen nicht an, dass sich Trittbrettfahrer durch die Schädigung fremden Eigentums über ein ernsthaftes Anliegen lustig machen.

eine typische 1.0-stellungnahme. von vorgestern. copy cats ticken anders. denn: das copyright ist gerade im begriff, sich radikal zu verändern. eine ständig wachsende open source szene, eine völlig neue form der distribution von kontent und innovative geschäftsideen bringen den klassischen copyright-begriff arg ins wanken. wo zudem das grosse geld gemacht wird, wird auch hemmungslos kopiert – das war schon immer so.

der schutz von geistigem eigentum ist eine junge erfindung, die sich erst mit der französischen revolution durchzusetzen begann. die idee als solche ist natürlich völlig in ordnung, aber tatsache ist, dass der schutz von geistigem eigentum der technologie ständig hinterher hinkte. so waren etwa
in den 80ern die verwertungsgesellschaften in der musikindustrie völlig perplex, als es mit der ganzen samplerei losging – sie hatten keine ahnung, wie damit umzugehen ist. zwanzig jahre vorher war die grossflächige verbreitung von fotokopierern das problem. heute ist es die grossflächige digitalisierung, das breitbandige netz und globalisierte workflows.

kurz und gut: wer eine kampagne gegen die piraterie macht und dabei das netz vollkommen auslässt, hat das problem nicht erkannt. wer das copyright-thema ausgerechnet an gefälschten zigaretten und geklauter software aufmacht, hat schon verloren. es gibt weltweit 400 millionen lizenzierte windows-user und vermutlich ebensoviele nichtlizenzierte. trotzdem ist bill gates der reichste mann der welt. copyright? den bill noch reicher machen? da machen die leute nicht mit.

nochmals: die kultur des geistigen eigentums ist gerade im begriff, sich radikal zu verändern. was noch vor fünf jahren geld kostete, kostet heute nichts mehr. die software ist nicht mehr das geschäftsmodell, sondern die dienstleistung drumherum. beispiel: typo3. aber auch ausserhalb des internets ist die kopierkultur eine andere als noch vo 10 jahren. dank stark vereinfachter globalisierter workflows ist es heute mit vergleichsweise wenig kapital möglich, industrieprodukte zu kopieren und in irgendwelche märkte zu pumpen und auch hier liefe ohne netz rein gar nix.

die hüter der produkt- und kontent-piraterie von zürich bis shanghai wären also gut beraten, das netz zu nutzen. allerdings hiesse das: gesprächskultur, diskurs, offenheit. statt die urheber dieses witzigen und geistreichen plakat-hacks als vandalen zu beschimpfen, müsste man die gelegenheit beim schopf packen und ein blog oder ein wicki oder ein forum aufsetzen. statt den plakat-hackern undifferenziertes verhalten vorzuwerfen, könnte man mit den copycats in eine differenzierte diskussion einsteigen und so mehr menschen sensibilisieren als mit der plakativen verteidigung von software- und tabak-oligarchen.

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