4. Juni 2006

Schiffahrt II: Wind contra Dreckschleudern


Die internationale Frachtschifffahrt gehört heute zu den Hauptverursachern klimarelevanter Emissionen – sie ist eine Dreckschleuder par exellance. Sie emittiert soviel Stickoxide wie die gesamten USA und ist nach dem Strassenverkehr und der Industrie die drittgrößte Quelle klimarelevanter Schadstoffe. Frachtschiffe fahren mit Schweröl. Das minderwertige und extrem schadstoffhaltige Schweröl ist eine zähflüssige Masse, die als Abfallprodukt bei der Erdölverarbeitung in den Raffinerien zurück bleibt.

Die Welthandelsflotte setzte sich Anfang 2001 aus rund 41.000 Fracht- und Passagierschiffen (über 300 BRZ) zusammen, darunter rund 10.000 Tanker, 6.000 Schiffe für trockene Massengüter, 2.600 Containerschiffe, 18.000 Stückgut- und Roll-on-Roll-off-Frachter, 2.500 kombinierte Fracht-Passagierschiffe und Fähren sowie 1.500 reine Fahrgastschiffe.

Soweit die Eckdaten. Der Weg, diese Dreckschleudern zu bändigen, führt nur übers Portmonnaie. Oel ist teuer, wird immer teurer. Zudem drohen den Reedereien emissionsabhängige Abgaben, die zwar nicht morgen, aber sicher übermorgen kostenwirksam sein werden.

Das wohl billigste Mittel, diesen enormen Oelverbrauch zu reduzieren, ist Väterchen Wind. Dieser Prämisse hat sich die Hamburger Firma SkySails verschrieben und in den letzten fünf Jahren an einem komplett neuen Zugdrachen-Windantriebssystem geforscht. Die SkySails-Technologie unterscheidet sich von konventionellen Segelsystemen darin, dass der Zugdrachen durch nur ein Zugseil mit dem Schiff verbunden ist und auf einer Höhe von 200-300 m dem Wind ausgesetzt wird. In dieser Höhe sind die Windkräfte dank der geringeren Reibung mit der Erd- bezw. Wasseroberfläche 10-20% stärker als auf Deckshöhe bei konventionellen Segelschiffen. Und: Die höhere Windgeschwindigkeit ist deshalb besonders relevant, weil sie in Gleichung zur Berechnung der Zugkraft von Zugdrachen im Quadrat einfliesst. Eine um 15% höhere Windgeschwindigkeit bedeutet folglich bei diesem System eine Erhöhung der Zugkraft um über 30%.

Das geplante Produktprogramm umfasst Windantriebssysteme mit einer Normleistung von bis zu 5.000 kW (entspricht ca. 6.800 PS). Im Jahresdurchschnitt können so die Treibstoffkosten, abhängig vom Schiffstyp, den tatsächlichen Windverhältnissen und der erreichten Einsatzdauer, zwischen 10 - 35% gesenkt werden. Herrschen optimale Windbedingungen, kann der Treibstoffverbrauch zeitweise um bis zu 50% reduziert werden. Dazu muss man wissen, dass das Potential der Effizienzsteigerung bei Schiffsdieselmotoren weitgehend ausgereizt oder dann unverhältnismässig teuer ist. Demzufolge gilt eine Treibstoffersparnis von 5% bereits als fantastische Performance.

Das SkySails-System besteht aus einem vollautomatischen Zugdrachen-Antrieb und einer windoptimalen Routenführung. Es wird als Zusatzantrieb installiert und zur Entlastung der Hauptmaschine eingesetzt, wenn es die Windbedingungen erlauben. Als weltweit erste Reederei hat die Beluga Shipping in Bremen einen Neubau mit dem SkySails-System bestellt und wird 2007 damit die ersten Demonstrationsfahrten unternehmen. Ab 2008 soll das System dann regulär lieferbar sein.

Die SkySails-Idee ist nicht nur ökologisch sehr sinnvoll, sie ist auch technologisch hoch spannend und selbst für Laien (wie mich) einfach faszinierend. Auf der sehr informativen Website von SkySails gibt es eine Menge interessanter Details zu diesem innovativen System nachzulesen.

Linktip: Sehr umfassende Infos über die Seefahrt gibt es auf dem Portal Schifffahrt bei Wikipedia.

PS: Einige Teile dieses Beitrags habe ich von SkySails übernommen.

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