28. Juli 2006

Floyd Landis: Nerven wie Drahtseile
























Für die meisten Veranstaltungen wäre das ein Gau von jener Sorte, der eine Marke für lange Zeit in der Versenkung verschwinden lassen kann. So wie seinerzeit beim Weinskandal in Oesterreich, nach dem für viele Jahre fast niemand mehr im restlichen Europa österreichischen Wein trank. Ob es für die Tour de France auch ein Gau mit solch dramatischen Auswirkungen wird, ist fraglich. Sie ist ein Koloss unter den Sportevent-Marken.
Interessanter erscheint mir im Moment die Nervenstärke von Floyd Landis. Vor der Tour der Megaskandal in Spanien, dann das konsequente Durch- greifen der Tourleitung: ein Viertel der ganzen Fahrerfeldes wird ausgeschlossen, inkl. eine handvoll Favoriten. Ein richtiger A-Skandal, er gibt weltweit zu reden. Nicht im Sportteil, auf den Titelseiten.
Greg Landis darf starten. Wenn er gedopt war (die B-Probe steht noch aus), dann muss man dem Mann wenigstens ein Kränzchen winden: Er hat Nerven wie Drahtseile. Da tobt direkt vor seiner Nase der grösste Dopingskandal in der Geschichte der Tour und Landis spaziert an den Start, als ob nichts wäre. Fährt die Tour, gewinnt sie in der 17. Etappe fulminant und steht dann in Paris strahlend auf dem Podest. Gedopt. Aber er lächelt weiter und posiert sogar kaltblütig mit dem stolzen Andy Rhis, dem auf der letzten Phonak-Tour sein erster Toursieg geschenkt worden war. Kaum auszudenken, wie der jetzt, vier Tage später, in seinem Büro in Stäfa rumtobt.
Ziemlich kaltblütig, sowas. Mit was ist das zu vergleichen? So in Sachen Nervenkitzel? Ein Banküberall? Ist gegen das Husarenstück von Floyd Landis ein Nasenwasser. Kurze Aufregung, grosse Gewinnaussicht. Krieg führen im Irak? Für einen Profiblender wie Bush kein Problem. Heimlich alle Microsoftaktien aufkaufen? Wäre thrilltechnisch auch nicht schlecht. Wir sehen: Floyd Landis ist wenigstens in Sachen Nervenstärke der Master. Wobei man ja sagen muss, dass es auch für den mentalen Bereich wunderbar effiziente Präparate gibt. Werden die Herren eigentlich auf Kokain getestet?
Bei aller Aufregung muss hier auch gesagt sein, dass auf der Tour gedopt wird, seit es sie gibt. Vom Absinth über Opium bis zu Epo hat man dort schon alles ausprobiert und vieles mit Erfolg angewendet. Hätten all die Fahrer jeweils die Verpackung ihres Präparats fotografiert, könnte ich jetzt locker die Dopingbox Collection aufziehen und dann hätte ich schon drei Blogs. Ungedopt.
(Karikatur geklaut bei: www.karikatur-cartoon.de)

Gratis für Blogger: Mindjet Mindmap

Zur Abwechslung mal was Seriöses und höchst Erfreuliches: Bei Yoda stand zu lesen, dass nun endlich auch Blogger in der Schweiz von Firmen beschenkt werden, um so ihre Produkte bekannt zu machen. Der Branchenleader in Sachen Mindmapping-Software lanciert jetzt in der Schweiz eine Web-Log-Initiative und verschenkt seine Software an aktive Blogger. Clever. Sehr clever.

Konkret:
Mindjet ist überzeugt, dass Blogs die Kommunikation revolutionieren und herkömmliche Grenzen zwischen informeller und formeller Kommunikation nachhaltig aufweichen. Für diese Online-Medienschaffenden bietet Mindjet die Möglichkeit, die MindManager Software für die Windows- oder Mac-Plattformen kostenlos zu beziehen.
Mit Mindjet MindManager können Blogger im Brainstorming und bei der Erarbeitung ihrer Artikel schnell Informationen erfassen, strukturieren und kommunizieren. Diese Informationen können durch Hyperlinks zu Webseiten, E-Mail-Adressen, Office-Dokumenten oder Mediadateien direkt in der Map angereichert werden. Die Stärke der MindManager Software liegt vor allem in der Umsetzung der Informationen in konkrete Web-Logs.

Very clever. Ein wenig mehr konzeptioneller Background könnte vielen Bloggern nicht schaden. Gut, ich hab für dieses Blog auch kein Konzept gehabt, sondern mich als krasser Neoblogger einfach mal ins kalte Wasser gestürzt. Aber für dieses Blog hatte ich ein Konzept. In meinem Kopf. Dazu brauchte ich keinen MindManager. Aber das ist die Ausnahme. Weil die Idee zur Ashtray Collection aus einer Sammlung entstanden ist, die wie folgt entanden war: Immer, wenn ich die Bilder von der Digicam auf den iMac überspielte, machte ich im neuen "Film" jeweils ein Bild von meinem Aschenbecher. Dann je eines von den anderen, die herumstanden. Ein Spleen. Dann wars plötzlich eine Sammlung und von dort nicht mehr weit bis zu meiner neuen Spezialitätenbloglaube.

Soweit zur Ausnahme. Die Regel ist, dass man ein Konzept braucht. Wofür auch immer. Selbst Luigi hat ein Konzept. Manchmal braucht man auch eher ein Projekt. Ein schriftliches, um Leute zu überzeugen oder um sich klar zu werden, was man will und was man kann oder nicht kann. Ich mache mir manchmal Mindmaps, sehr simpel auf einem A4-Blatt, oft mit guten Resultaten, manchmal mit sehr guten.

Super, dachte ich also, ich will ja schon lange mal ernsthaft elektronisch mindmappen. Ich hab also noch gestern Abend ein kurzes mail losgeschickt und schon heute kurz nach 14 Uhr nicht nur eine freundliche Antwort bekommen, sondern gleich einen Downloadlink plus Lizenzschlüssel. Wow, smart.

Leider hat die Sache einen kleinen Hacken: Der MindManager läuft nur mit dem Tiger, nicht mit dem Panter. Sagt der nette Mann vom PR-Büro, das die Lizenzen in der Schweizer Blogospäre verteilt. Tja. Schade. Ob's nicht vielleicht doch läuft? Vielleicht sagen die ja nur, das es nicht geht. Runterladen? Probieren? Das wäre ein Knüller, wenns ginge. Würd ich sofort bloggen. Schon nur wegen dem Traffic. Also probierte ich. Und war wohl nicht der einzige Blogger, der sich bei Mindjet seine Gratislizenz runterladen wollte – in der Hälfte hängte sich das zähflüssige Downloading an den Entlastungsnagel. Im Moment läuft gerade der 2. Versuch.

Henusode. Yoda kann seine Lizenz auch nicht einsetzen, er funzt Ubuntu. Das kann man ja noch nachvollziehen, dass die Linux-Klientel nicht die primäre Zielgruppe von Mindjet ist. Aber ein Panter? Da sind doch noch einige in Betrieb, meine Herren. Zumindest in der grafischen Branche, wo vielerorts das gute alte QuarkXpress noch zum Einsatz kommt, das auf Tiger eben nicht funzt.

Wie auch immer. Es bleibt eine höchst erstaunliche und positive Aktion mit ziemlich viel Win-Win-Charakter. Immerhin kostet Mindmap je nach Version zwischen 250 und 350 Euro. Leistet sich nicht jeder, und schon gar nicht jeder Blogger. Sicher braucht nicht jeder Blogger einen MindManager. Aber für die, die nicht nur ihren persönlichen Trash ins Netz stellen, sondern an diesem Web2.0-Dingens interessiert sind, kann MindMap sicher nicht schaden. Ich hab mal ein Mindjet MindMap gesehen von einem 50-Millionen-Projekt. Einem echten! Von einem besessenen Unternehmer. Das Teil war einsfünfzig breit und zweineinhalb Meter hoch, er hat es mit einem Plotter ausgedruckt. Der Wahnsinn. Der Mann hat sein Industrieprojekt bis zur letzten Schraube auf zwei Quadratmetern aufgezeichnet. Bis zur letzten Schraube. Jahrelang hat er daran gearbeitet, immer wieder, immer detaillierter ist das Projekt geworden, er hat es realisiert und nicht aufgehört, weiter an seinem Mindmap zu schrauben, seine Company weiterzubringen, weiterzuentwickeln.

So heavy hätte ich ja nicht einsteigen wollen. Aber so die eine oder andere Idee für eine Spezialitäten-Bloglaube hätte ich da noch. Nach nur drei Monaten Bloggen hab ich jetzt schon zwei Blogs im Netz. Das ist ja schon so ne Art von Blogwerk. Im Kleinen. Ab wievielen Blogs ist man ein Blog-KMU? Wurde das schon definiert? Gibt's dazu schon ein Wiki? Also zwei Blogs sind natürlich schon anstrengender als ein Blog. Schon nur die Anmelderei für das Readerswatching und dieses Technokrati – ach, ich fummle einfach nicht gern in solchen Geräten rum. Plötzlich will da wieder einer seinen HTML-Code in meinen reinkopieren, igitt wie intim, da bin ich misstrauisch, da versteh ich zu wenig von (vom Code, nicht vom Int...). Anyway, was ich eigentlich sagen wollte: fürs geschwätzige Private-Proll-Blogging braucht man den MindManager nicht.

Darum verteilen die PR-Jungs von Mindjet die Lizenzen wohl eher selektiv. Würde wohl auch übers Ziel hinausschiessen, wenn die jedem Stubenblogger eine Lizenz hinterhermailen würden. Bei mir aber wäre das Teil gut aufgehoben und wenn es nicht schwerer zu kapieren ist wie ein Word, würd ich es sicher auch benutzen und ab und zu davon schreiben. Aber das gute Stück läuft nicht. Ich habs probiert. Es tut keinen Wank. Es liegt im Applications-Ordner und reagiert auf Doppelklick null. Kein Fenster geht auf, kein Startversuch, nichts. Sie haben die Wahrheit gesagt, es läuft nur auf Tiger. Ist irgendwie auch symphatisch.

Das Symphatischste an der für mich leider gescheiterten Aktion war aber, dass ich die Gratislizenz bekommen habe, obwohl ich mich "nur" unter meinem Nickname Der Bugsierer, also ohne meine wahre Identität um eine Lizenz beworben hatte. Das ist ziemlich cool. Das ist ziemlich Web 2.0.

26. Juli 2006

Leu hat sich geoutet: Ein Heavy-User

Schon am ersten Tag eine Empfehlung von leumund himself für die neu lancierte ASHTRAY COLLECTION. Wow.
Auffallend dabei: Seine Outing-Serie dauert nun schon den zweiten Tag. Gestern hat er in einem längeren Beitrag bekannt gemacht, dass er zu Hause keinen Internetanschluss mehr hat: "Auf eine längere Zeit. Mit dem Ziel kreativer zu sein und die Zeit effizienter zu nutzen.". Dieser Wunsch ist verständlich, bei seinem Output in den letzten fünf Jahren.
Heute nun outet er sich in seinem Beitrag über die brandneue Ashtray Collection auch noch als "süchtiger Raucher". Zwar gibt er das nur zwischen den Zeilen zu, aber es wird deutlich: Er ist der klassische heavy-user, der herr Leu. Wir sind gespannt auf seinen Aschenbecher.

NEUES MITMACH-BLOG MIT/FÜR RAUCHER

Medienmitteilung:

Guten Tag

Nein, das ist keine Guerilla-Marketing-Aktion eines Tabakmultis. Obwohl es eine... – ach, lassen wir das.

Ja, das ist ein Lanzen-Brech- und Mitmach-Blog für Raucher und ihre Aschenbecher.

ANSATZ

> Erstens:
Der Aschenbecher – nach Feuerzeug und Streichholz das wichtigste Accessoire des gemeinen Rauchers – führt ein
klägliches Mauerblümchendasein. Er wird in seiner soziokulturellen Bedeutung unterschätzt.

> Zweitens:
Der Raucher als solcher steht heute im Ruf eines rücksichtslosen Unmenschen und sieht sich einer zunehmend absurden Verfolgung ausgesetzt.

Beidem wollen wir mit einem neuen Blog einen kleinen und augenzwinkernden Kontrapunkt entgegensetzen.

Die Kurzformel für unser KONZEPT könnte lauten:

> Der Aschenbecher und sein Raucher

Fast jeder Raucher hat seinen Lieblingsascher. Oder mehrere. Manche pflegen ihr Gerät wie andere Leute ein schönes Weinglas. Viele haben zu einem oder mehreren ihrer Aschenbecher eine persönliche Geschichte. Oft sind es Objekte der Erinnerung. Nicht selten Objekte mit einer starken persönlichen Symbolkraft.

Die meisten Raucher wählen sich ihre Aschenbecher zu Hause oder im Büro sehr bewusst aus. Zudem muss man sie fast nie austauschen, weil sie ihren Dienst Jahrzehnte zu verrichten im
Stande sind. Aber man kann. Wenn im Leben plötzlich ein neuer Ascher auftaucht, mit einer schöneren oder bedeutenderer Erinnerung, mit einer anderen Funktion vielleicht. Das ist eine
Kultur.

Mit der ASHTRAY COLLECTION wollen wir diese Kultur dokumentieren. Von möglichst vielen Rauchern aus aller Welt. Aber fangen wir mal klein an. Mit einer Vorlage von zehn
Aschenbechern und ihrer Geschichte. Dann lassen wir es wachsen. Ohne Businessplan.

Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie die dieses neue Blog ihren Möglichkeiten und Ihrem Gusto folgend kommentieren, kritisieren, empfehlen und verlinken.

> Wenn Sie das tun, schicken Sie mir doch bitte eine kurze Mitteilung, damit wir in unserem "Medienecho" darauf hinweisen können.

Ich freue mich auf Ihren Besuch in der Ashtray Collection.

Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Zögern Sie nicht, mir zu schreiben.

Mit besten Grüssen

Der Bugsierer

25. Juli 2006

Ist Zgraggen Schagg gedopt?

Ein Topblogger, dieser Zgraggen. Ich blogge das jetzt nicht, weil ich sonst nichts zu bloggen hätte. Ich hätte haufenweisen zu bloggen. Aber das blogge ich erst übermorgen. In einem anderen Blog. Aber das ist eine andere Geschichte. Hier geht's jetzt um den Zgraggen Schagg. Er befindet sich seit einigen Tagen in einer absoluten Hochform. Unglaublich. Jeden Tag ein post, jeden Tag ein Brüller.
Gestern hat er eine sehr delikate britische Studie in fünf Haupt- und zwei Nebensätzen zu einem wahren Kabinettsstück gemacht. Vorgestern gab's den 3. Teil seiner Serie "Bergbauern – überall im Weltall" und zwar mit einer Pointe, die sich gewaschen hat. Da kann noch mancher Profisatyriker in Funk und Fernsehen sich was abschneiden davon. Vorvorgestern hat er den Weg, den Roger Köppel mit der Weltwoche gehen wird, mit dem der Bergbauern verglichen – bergab.
Der Zgraqggen Schagg publiziert jeden Tag 1 x. Meistens nur eine handvoll Sätze. Er ist ja nicht nur Blogger, sondern vor allem Bergbauer. Ein Urner erst noch. Als der Gotthardtunnel und damit die ganze Nord-Süd-Achse Palermo Amsterdam nach dem Bergsturz kürzlich wieder eröffnet wird, schreibt er nur zwei Sätze, aber die habens in sich:
Am nächsten Freitag geht die Gotthard-Autobahn wieder auf.
Bei mir geht dann das Schlafzimmer-Fenster wieder zu.

Extrem träf, der Bursche. Ob Internet-Zensur in China, Benzinpreis, Wildverbiss, 88-Gipfel oder oder über "seinen" Herr Dr. Blocher, er bringt immer eine träfe Pointe. Ich stelle mir manchmal vor, wie er das als Bergbauer macht mit der Bloggerei. Steht er in aller Herrgottsfrühe auf, melkt seine Kühe, bringt den Mist auf den Mist und setzt sich dann in die Küche zum Frühstück? Dort liest er vielleicht die Zeitung und verschafft sich einen Überblick über die heissesten News des Tages. Vielleicht macht er sich auch nur einen Kaffee und setzt sich an den Computer und liest dort die News und macht sich ein paar Notizen. So machen die das bei 10vor10 auch. Irgendwie.
Jedenfalls kommt dann gegen Mittag meist der erste Beitrag in seinem Blog. Manchmal wird es auch Nachmittag, hin und wieder auch Abend. Manchmal gibt es auch zwei pro Tag. Immer sind es nur ein paar Sätze, die aber gut getunt sind und oft ist die Pointe ein Brüller. In den letzten Tagen war es nicht nur oft, sondern immer. Ist der etwa gedopt?
Hat er einen Ghostwriter? Kaum. Welcher Topsatyriker kann sich schon in einen Urner Bergbauern reindenken? Unmöglich. Und wovon sollte er sowas finanzieren? Kosten ja wie Anwälte, diese Topsatyriker. Und die Vorstellung, der Zgraggen Schagg würde irgendwelche Direktzahlungen vom Bund an eine Satyreagentur in Dübendorf umleiten, ist ja auch absurd. Klar, bei den Bauern kann man nie wissen. Einige von denen haben schon für ganz andere Dinge Kohle umgeleitet. Aber der Zgraggen? Neiiin, der ist momentan einfach in einer Topform. Den solltest Du lesen. Täglich.

24. Juli 2006

For Smokers Only – Part III

Der Testmarkt hat quasi angebissen. Die Reaktionen auf meinen neuen Mitmach-Blog sind gut bis begeistert. Ein paar Mitmacher und eine Mitmacherin haben sich auch schon gemeldet und einen entsprechenden Beitrag geliefert. Soll ja schon bisschen was drinstehen, wenn ich das Ding am kommenden Mittwoch an den Start schicke.
Mitmachen dürfen vor allem Raucher. Ganz gleich ob Zigaretten-, Cigarren- oder Pfeiffenraucher. Für die Nicht- und Mitraucher wird es bisserl schwieriger, aber sie dürfen auch.
Nein, es geht nicht um Werbung fürs Rauchen, aber auch nicht dagegen. Es geht auch nicht um verkappte Nikotin-PR. Es geht aber sehr wohl darum, dieser unsäglichen Raucherhatz einen witzigen und lustvollen Kontrapunkt entgegenzustellen.
Denn die ganze Antiraucherkampa ist ja schon äs bitzeli übertrieben. Es gibt ja noch viele andere schlimme Dinge:
Die EG-Gesundheitsminister:
Der Verzehr von Fett, Zucker, Alkohol, die Benutzung von Verkehrsmitteln, Leistungssport, Skifahren, Bergsteigen, ungeschützter Sex, das Essen in vielen Restaurants, Abmagerungskuren und Nasebohren, Rauchen, Reisen und fast alle anderen Tätigkeiten des Menschen gefährden die Gesundheit.

Dieser neckische Text steht als Begrüssungsformel auf der hochinteressanten Website Die Geschichte des Rauchens von Karl Pawek.
Henusode. Am kommenden Mittwoch werde ich die Kippe aus dem Ascher lassen. Wer sich bis dahin noch in der Startercrew verewigen möchte, meldet sich bei bugsierer@gmail.com.
Siehe auch Part II.

23. Juli 2006

Wort zum Sonntag II

Gestern am frühen Abend war plötzlich – nach einem kurzen und heftigen Gewitter – der Strom weg. Im ganzen Quartier. Scheisse, dachte ich – was jetzt? Da erinnerte ich mich an meinen Aufenthalt in Beira, der zweitgrössten Stadt von Moçambique, an der südlichen Ostküste von Afrika. Ich war nur drei Wochen dort. Zu Besuch bei einem Freund, der dort lebte, darum war es um so intensiver.
Beira hat zwischen 200 - 300'000 Einwohner, so genau weiss das niemand. Die meisten davon leben ohne Strom, ohne Wasser (im Haus), also auch ohne sanitäre Anlagen. Mozambique ist eines der ärmsten Länder der Welt. Es gibt es 52% Analphabeten. 1.2 Millionen AIDS-Kranke. 21% Arbeitslose. 70% der Bevölkerung leben an der Armutsgrenze. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt knapp 40 Jahre. Weit verbreitet (very high risk) sind Diarrhöe, Malaria, Hepatitis, Typhus, Pest und Bilharziose. Einwohner total: 19 Millionen. Internet user: 138'000 (in der Schweiz sind es knapp 5 Mio.).
Es gibt in Moçambique praktisch keine Touristen, schon gar nicht in Beira. Ich fand dort nicht mal eine Postkarte. Hier gibt's von jedem Bauernkaff eine. Ausländer in Beira sind entweder Mitarbeiter von Entwicklungsorgansiationen oder mehr oder weniger dubiose Geschäftemacher (Import/Export). Kleiderläden z.B. gibt es in dieser grossen Stadt praktisch keine. Die Leute decken sich weitgehend mit gespendeten Waren aus Europa ein. Spital gibt es in Beira gerade mal eines, die Warteschlange davor ist jeden Tag 500 Meter lang und es ist das einzige im Umkreis von 500 km.
Ziemlich happig das alles. Wenn man es nicht selber gesehen hat, weiss man von gar nix. Wenn du da drin hockst in so einer verlorenen Stadt, bist vor allem einmal sprachlos. Es ist rundum heavy. Mindestens 10 mal am Tag dachte ich: die werden den Anschluss an europäische Standards nie schaffen. Nie. Unmöglich.
Die Portugiesen haben das Land anfangs der 70er fluchtartig verlassen müssen und haben alles mitgenommen. Alles, was sie mitnehmen konnten. Da war keine klapprige Schreibmaschine mehr im Land. Die Portugiesen hatten flott gelebt dort. Mitten in Beira haben sie – vor ca. 100 Jahren– ein Grand Hotel gebaut. Ein wunderschönes Gebäude (siehe Bild oben). Direkt am Meer gelegen, mit Tennisplatz, Swimmingpool, Park und Golfplatz in der Nähe. Es war eine Topadresse im südlichen Afrika. Ein Paradies für die Kolonialherren, vor allem reiche Engländer aus Zimbabwe, wo es kein Meer hat.
Heute leben in diesem ehemaligen Grand Hotel ca. 1'000 Obdachlose (siehe Bild unten). Es hat dort weder Strom noch Wasser noch Fenster noch irgendwas. Aber es hat ein Dach. Noch. Immerhin.
Mein Freund, den ich in Beira besuchte, lebte in einem Viertel, wo alle Europäer leben, wo das Wasser- und Stromnetz erstens vorhanden und zweitens noch eingermassen intakt war. Wasser gab es aber nur morgens zwischen 8 und 10 Uhr, dann wurde es abgestellt und in ein anderes Quartier gepumpt. Man musste sich täglich mit Kübeln und Kanistern einen Vorrat anlegen. Stromausfälle gab es regelmässig. Hier gibt es das alle paar Jahre, wenn überhaupt. Dort jede Woche. Und wir taten jedes mal das gleiche: wir tranken die kalten Biere aus dem Kühlschrank weg, solange sie noch kalt waren. Denn man wusste nie, ob der Strom in 2 Stunden oder in 2 Tagen wieder kommt.
Daran dachte ich gestern Abend, als hier plötzlich der Strom weg war. Also ging ich zum Kühlschrank, setzte mich zu Luigi und wartete, bis der Strom wieder da war. Es dauerte eine knappe Stunde. Keine Chance, den Kühlschrank leerzutrinken.

22. Juli 2006

Voilà: Herr Gott hat mich erhört

Endlich Wasser. Von oben. Super frisch. Original nass. Dazu eine kühle Brise. Sofort alle Fenster aufreissen und die träge Hitze aus der alten Hütte blasen. Eine Flasche Wein aufmachen. Raus zu Luigi aufs Raucherbänkli. Dem symphonischen Klang der Regentropfen lauschen. So guet. Er hat mich erhört, der Herr Gott. Danke, herr Gott. Hat zwar ein bisschen lange gedauert, aber immerhin. Ich werde Sie und Ihre Crew weiterempfehlen.

Grandios: Bildlegenden-Contest

Diese Idee find ich einfach grandios. Wieder mal gibt's drüben beim Waschsalon einen Bildlegenden-Contest. Bei der letzten Ausgabe hat meine Wenigkeit (fast) gewonnen. Leider ist beim Waschsalon das Bild von damals nicht mehr vorhanden, nur noch die Einsendungen. Dafür kann man es bei mir noch sehen.

21. Juli 2006

Ich nenne ihn Luigi

Er ist immer noch da. Den ganzen Nachmittag schon. Hockt eine Stunde auf dem einen Blatt, dann eine halbe auf einem andern. Immer schön am Schatten. Ich nenne ihn Luigi. Weil er wie ein Italiener ist, der den ganzen Nachmittag auf der gleichen Piazza sitzt und nur ab und zu den Tisch wechselt. Zwar sitzen Italiener bei weitem nicht so stoisch und regungslos an ihren Tischchen auf der Piazza, aber der Käfer ist ja kein richtiger Italiener. Er tut nur so. Bekommt jede gute Stunde was von meiner Zigi ab, guckt sich die Gegend an und geht dann wieder ein Blatt weiter. Immer auf dem gleichen Geranium. Und denkt sich seine Sache. Hier hat er seine Ruhe. Kein anderes Getier weit und breit. Keine Feinde, keine Futterneider, keine Menschenschuhe, kein Stress, keine Lämpen, kein gar nix. Nur ich und die Zigi. Ansonsten hat Luigi das Fenstersimms und das ganze Granium für sich allein. Das gefällt ihm. Die Aussicht ist auch okay. Ausser dem Mercedes, der da parkiert ist. Luigi hätte lieber einen Lancia. Oder noch besser ein Fuder Heu. Aber wer parkiert hier schon ein Fuder Heu? Totalmente impossibile. Bei meiner Vieruhrzigi hat er mir von hinten in die Zeitung geschaut. Heavy, diese Benzinpreise. Und dieser Köppel. Wo der nur die Kohle her hat, um sich ne ganze Zeitung zu kaufen? Luigi ist froh, dass ihm das alles am Arsch vorbei geht. Luigi hat ein gutes Leben. Verhockt Nachmittage auf einem Granium, rollt mit den Augen, vibriert sich die Hitze aus dem Panzer, schweigt Löcher in die Luft und wechselt dann wieder das Blatt. Gut – er hat auch seine Probleme. Zum Beispiel die steinalte Ente in Nachbars Garten. Degoutant. Oder die Kinder von gegenüber. Die haben ihn kürzlich in ein Glas gesperrt und einen ganzen Tag an der brütenden Sonne auf dem Gartentisch stehen lassen. War eine Affenhitze da drin. Und der Blick nach draussen wie durch ein umgekehrtes Fernrohr. Total schräg ist ihm das eingefahren. Luigi hat nichts gegen Kinder, aber das war zu viel. Heavy traumatisch. Seither schläft er schlecht. Aber das wird schon wieder, denkt Luigi. Er kennt das. Grenzerfahrungen halt. Wie damals, als von oben ein heavy Stück Scheisse geflogen kam und ihn halb zudeckte. Seither geht er nicht mehr auf die Matte, wo die Guschtis weiden. Die können ihn mal. Da hockt er lieber auf dem Granium und schaut sich den Mercedes an.

Was es alles so gibt...

Er sitzt da und tut nix. Ich sitze auf dem Raucherbänkli vor dem Haus, hinter mir ein Chischtli mit Geranien. Dort hockt er gemütlich auf einem Blatt. Raucht mit. Wartet. Schaut sich die Gegend an. Lässt die Fühler vibrieren ab und an. Tut sonst keinen Wank. Hält ev. Ausschau nach was zu essen. Vielleicht ist er Vegetarier und frisst demnächst das Graniumchischtli leer. Seine Hinterbeine sind der Hammer. Muss ein Weitspringer sein.
Was es alles so gibt...?

20. Juli 2006

For Smokers Only – Part II

Meine Entwicklungsabteilung brütet. Nicht vor Hitze, sondern vor dem neuen Projekt unter dem Arbeitstitel "For Smokers Only". Es gedeiht in der brutalstmöglichen Sommerhitze zu einem veritablen Lustobjekt. Das Grundsätzliche ist gefixt, jetzt geht's ans Eingemachte. So viel kann ich schon mal verraten: Für dieses Vorhaben ist meine kleine Bloghütte zu klein. Wir werden ein Schwester-Blog eröffnen. Wir haben es schon aufgesetzt, basteln an einer Art Redaktionskonzept, versorgen es mit Vorwort und Mitmachanleitung, mit spannenden Links und was es halt an Kontent noch so braucht, um die geneigten Leser zu verwöhnen.
Wie gesagt: Es ist ein Mitmachblog und soll von den Rauchern dieser Welt gefüttert werden. Ja, von den Raucherinnen auch. Darum suchen wir noch immer ein paar vertrauenswürdige Menschen aus der näheren und ferneren Blogsphäre, die für den Launch in ein paar Tagen schon mal was anliefern. Was genau erfährst Du hier: bugsierer@gmail.com. Und dann wirst Du zu den ersten gehören, die sich in einer einmaligen, exklusiven, lustvollen und wunderbaren Smokers-Community die Hand reichen. Ruhm und Ehre wird über Dich hereinstürzen – Deine Enkelkinder werden begeistert sein. Go for it!

19. Juli 2006

How to Sleep Comfortably on a Hot Night

Für alle, die nachts wegen der Sauhitze schlecht schlafen: Hier wird Dir geholfen.
(Via toolblog)

Herr Gott! Es reicht!

Lieber Herr Gott
Dies ist eine Reklamation. Es ist zu heiss. 33 Grad am Schatten sind zu viel. Sie können mir da noch lange kommen von wegen super Sommer und so. Es ist tuu matsch. Das können Sie in Afrika oder auf Hawai oder in Shanghai bringen. Aber nicht hier. Hier haben wir bitteschön ein gemässigtes Klima. Aber was Sie da an Hitze runterlassen ist schon lange nicht mehr gemässigt. Das ist completely overloaded. Wie soll man da noch bloggen? Hierzulande fahren die meisten Klimaanlagen in Autos rum, nix inside-power-froster hier, Herr Gott.
Sie sollten dringend mit dem zuständigen Abteilungsleiter, dem Herrn Petrus, zusammensitzen. Denn es ist very dramatic. Die Berge tauen ab, gigantische Felsen stürzen in die Täler und machen unsere schönsten Ferien-Hot-Spots voll mit Staub. Das ist doch kein Zustand. Und Schauen Sie sich doch mal an, wie dopplezüngig die Leute drauf sind. Flöten was von herrlich dieser Sommer und stürzen sich dann heimlich in den nächsten Baggersee. Sowas tut doch niemand freiwillig.
Und noch was, lieber Herr Gott: Ich habe schon vor ein paar Wochen mal ne kleine Reklamation gepostet. Und immer noch keine Antwort erhalten. Was ist eigentlich mit Ihrem Kundendienst los? Alle in Grindelwald am Eiger gucken, oder was?

18. Juli 2006

For Smokers Only

Raucher führen ja in letzter Zeit ein hartes Leben. Das Rauchverbot in der SBB ist durchgesetzt, das in der Kneipe winkt schon mit der Kippe. Büromenschen haben erst recht nichts mehr zu lachen, sie werden zum qualmen brutalstmöglich vor die Tür gestellt. Zigarettenpackungen werden mit widerlichen Wahrheiten bedruckt und die Antiraucherfront macht heavy Propaganda mit completely übertriebenen Darstellungen der feinen Raucherart, wie obiges Beispiel beweist.

Müssen wir uns das gefallen lassen? Nein. Darum werden wir hier in dieser aufstrebenden Bloglaube demnächst eine extrafeine Aktion starten. For smokers only. Ich kann die Kippe noch nicht aus dem Ascher pulen, aber so viel sei verraten: Das wird ein Mitmach-Brüller. Frei nach dem Motto: Dr gschneuer isch dr ender (für Leser in Übersee: the faster is the faster). Darum hier schon mal der Appell an alle Raucher unter Euch: Ein Mail an bugsierer@gmail.com und Du erhältst als erster die Einladung* zum Mitmachen. Und gewinnen kann man auch was. Also: Just do it.

* Diskretion garantiert. Du erhältst keine versteckte Zigi-Werbung und die Adressen werden nicht an die Tabakmultis verscherbelt. Dies ist eine absolut koschere Independent-Smoker-Kampa aus dem Hause henusodeblog. No Tricks, just fun.

17. Juli 2006

Hat Leu einen Ghostwriter?

Er ist nicht nur ein alter Hase in der Schweizer Blogosphäre und einer der schillerndsten Blogger hierzulande, er ist auch nach wie vor frisch und munter, der Leu. Unglaublich, was für eine Menge an posts er täglich rauslässt. Man fragt sich geradezu, wie er da noch Zeit findet, sich seinem bürgerlichen Beruf eines Exportleiters widmen zu können – ob er wohl einen Ghostwriter* hat oder ob das Expörteln einfach ein easy Job ist und sich angesichts der boomenden Exportlage fast von selbst erledigt? Er führt ja nicht nur ein Blog, sondern deren zwei. Hier gehts eher etwas boulevardesk ab und hier eher so ein bisserl technisch.
Manchmal flötet er total unwichtiges Zeug in die Welt, so unwichtig, dass es schon wieder gut ist. Manchmal ist er ziemlich vorwitzig – wenn er z.B. beim Journalistenverband als erster Blogger mit einem Presseausweis geadelt werden will, was die Jungs dort ziemlich verwirrt. Dann wieder brütet er kompetent über neueste Entwicklungen im Internet, gibt mal kurz die besten 10 Schweizer Blogs durch oder rechnet uns vor, wieviele Kalorien er sich verkneift, seit er nur noch Wasser statt Sirup trinkt.
Alles in allem ein ziemlich unwiderstehlicher Mix. Er macht das gut, der Herr Leu. Und am Besten gefällt er mir, wenn er den Bloggern ins Gewissen haucht, so wie hier.

* (Sicher hat er keinen. Diesen Satz musste ich einbauen, sonst hätte der Titel nicht funktioniert, der einzig und allein dem Trafficbolzen dient, frei nach dem leu'schen Motto fishing for compliments... und weil die Sauregurkenzeit in der Blogosphäre ja irgendwie aufgepeppt werden will... und weil das schliesslich die seriöse Presse auch so macht...)

Super Size Me – jetzt online zu sehen

In der brisanten Reportage Super Size Me ernährt sich der Regisseur einen Monat lang ausschliesslich von McDonalds. Die Folgen waren frappant und wurden in dem heissen Streifen dokumentiert. Der Film war weltweit ein Erfolg und ist jetzt online zu sehen.
(Via: sloganmaker)

15. Juli 2006

Boulevard 2.0: Die Welt guckt Eiger

Na ja, sehen tut man nicht richtig wirklich viel, aber die Idee ist goldig: Der Blick hat eine Webcam installiert, über die man den Felssturz am Eiger beobachten kann. So er denn gerade stürzt. Clever. Sowas hätte eigentlich den traditionellen "Kameramedien" vorher einfallen sollen. Dass es jetzt der Blick getan hat, passt ins neue Blick-Konzept "8989 - Leser sind Reporter". Unter dieser Nummer können Blick-Leser ihre Fotos und Meldungen einschicken. Auf allen Kanälen – ob SMS, MMS, E-Mail oder Brief, es ist immer die 8989. Die grosse Grindelwaldner Eiger-Staubwolke von gestern wurde bereits von einer Leserin abgelichtet und heute doppelseitig publiziert. Und mit den Blogs ist Blick mit "Blogstetten" ebenfalls ganz vorne mit dabei. Das alles zusammen ist gut gedacht und gut gemacht. Boulevard 2.0.

14. Juli 2006

Brauchen Politiker einen Blog?

Diese Frage stellte die Berner Zeitung dem Szenekenner Matthias Gutfeldt. Anlass zu dem interessanten Interview war die Schliessung des unsäglichen SVP-Blogs, einer Kloake sondergleichen. Hier steht das Interview online.

13. Juli 2006

Einfach hocken lassen

Als Neoblogger hat man ja noch nicht die ganz grossen Leser- scharen. Obwohl: in meiner kleinen Bloghütte zeigt die Tendenz nicht steil, aber stetig nach oben. Die Muse soll sie küssen (meine Leser). Aber jetzt scheinen, wie mein Counter anzeigt, viele Stammgäste ferienhalber entschwunden zu sein. Lassen ihre Blogs einfach hocken. Als ob es in Rimini keine Internetkneipen gäbe. Oder in Patong. Und wozu gibt es Laptops? Heute wo's an jedem Drittklassstrand ein WLAN auf der Eisdiele gibt. Haben ja keine Manieren mehr, diese Leser. Einfach hocken lassen. Ist doch keine Art.
Das selbe Lied gilt für die Bloggerzunft. Die Feeds sind sowas von leer. Keine Sau publiziert mehr was. Auch dort, wo sonst jeder laue Furz zu einem extrem wichtigen Eintrag aufgeblasen wird findet sich nur noch gähnende Leere. Oder man muss sich diese unsäglichen Ferienandrohungen zu Gemüte führen. Man sei dann ab nächstem Samstag im Schwarzwald in den Wanderferien. Oder mit Easy Jet auf Easy Islands. Oder mit dem Rollbrett nach Sizilien unterwegs. Grauenhaft. Wozu bitteschön haben die Japaner dieses neuartige Moblog-Dingens erfunden? Oder warens die Amis? Egal. Es sollte doch möglich sein, vom Strand den einen oder anderen Schnappschuss zu posten oder wenigstens von der Hotelbar die Baccardipreise durchzugeben. Kein Wunder, dass die seriöse Presse diesen Personal Publishing-Hype nicht ernst nimmt. So wird das nie was, Kollegen.

Die Welt vergessen

Wenn die Sommerhitze den Tag verheizt, das schwüle Etwas penetrant unterm Dach hängt, vor lauter Hochsommer keine Chance winkt, dem Wohngebälk einen Hauch Frische einzublasen, wenn alles klebt und trieft, das Bier neben dem Laptop innert Minuten lau wird, dann ist ein Abend mit kleinem, aber heftigem Hitzegewitter ein Geschenk des Himmels im wahrsten Sinn. Dann dunkelt das Blau des Tages in ein grollendes Grau, donnert das Gewölk in lauthalsen Bässen heran, zischt der Blitz augenzwinkernd hinter dem Hoger hervor, wird das feine Getröpfel plötzlich zum prasselnden Wasserguss, bläst der Wind vollmundig ins Gehölz und reinigt den Tag von der Schwüle, die unerbittlich und ohne ein Lüftchen im Tal hängt – wie wenn sie nie mehr gehen wollte. Wenn dann der Himmel über dem Wald für Minuten diesen dramatisch leuchtenden Gelbstich annimmt, dann sei das, sagt die Bäuerin – Hagel. Ein paar Höger weiter hinten. Dort wird es in die Felder brätschen, die letzten Chirschi von den Bäumen schlagen, für Minuten ein sanktmoritziges Weiss in die sattgrünen Matten zaubern, die Bauern zur Weissglut bringen. Aber wir, unter dem grossen Vordach, machen noch eine Flasche auf. Staunen in den Himmel. Geniessen die Abkühlung. Vergessen die Welt, die Schlimme. Für einen Moment. Schön.

11. Juli 2006

Der fehlbare (Fussball-)Gott

Was soll das Theater? Was die rote Karte am WM-Finale für den Fussballgott Zinedine Zidane aussergewöhnlich macht ist einzig der Umstand, dass er sie in seinem letzten Länderspiel kassierte. Es war nicht seine erste, es war seine 12. Trotzdem ist das Kickergenie zum Fussballer der WM 06 gewählt worden. Und schon übermorgen wird kein Hahn mehr von seinem Kopfstoss krähen, er wird als Fussballlegende in die Geschichte eingehen und sein Vermögen geniessen. Und schliesslich zeigt, wie Morelli scharfsichtig bemerkt hat, der Vorfall vor allem eines: Auch Götter sind fehlbar.
Eine sehr kluge Analyse zum Thema hat's bei SPIEGEL ONLINE. Auszug: "Trotzdem hatte der Kopfstoß in seiner bizarren Ungezähmtheit und Rücksichtslosigkeit, auch gegen sich selbst, eine seltsame Größe. Er zeigte den Dschungel, der dem Spiel erst seinen Glanz verleiht, von seiner hässlichen Seite. Es war nicht schön, aber es war der Dschungel."

Oversexed And Underfucked

Erfrischende Idee: Zu diesem Bild gibt's beim Waschsalon einen Bildlegenden-Contest. Mitmachen! Jetzt!

10. Juli 2006

Beste Cervelat zwischen Palermo + Amsterdam


Sie fahren in den Süden? Dann fahren Sie über den Gotthard, nicht durch den Tunnel. Erstens ist das eine fantastische Alpenstrecke und zweitens gibts ganz oben auf der Passhöhe die beste Cervelat zwischen Palermo und Amsterdam. Bei Elena. Hinten am kleinen See an der guten alten Tremola.

Eigentlich fängt ja der Gotthard gleich hinter Luzern an. Eine vierspurige Autobahn mit unzähligen Tunnels führt an der unglaublich verbauten Innerschweizer Seenlandschaft vorbei. Eine ziemlich kurvige Autobahn, aber perfekt in die steile Ufer-Landschaft eingebettet. Eine Ingenieurleistung vom Feinsten, die mit jedem Höhenmeter beeindruckender wird. Richtig los geht dieses Schauspiel mit dem Seelisbergtunnel. Beklemmend, diese Röhre. Die Dich ausspuckt in ein 40 km langes Tal, das von Kilometer zu Kilometer steiler, rauher und gebirgiger wird.

Ab Göschenen gehts dann richtig los mit der alpinen Strassenweltmeisterschaft. Nehmen Sie im obersten Teil die Tremola, die alte Passstrasse. Sie ist ein Mirakel, sie wurde vor über 200 Jahren erbaut und war bis Ende der 60er die offizielle Alpenquerung über den Gotthard. Hundertausende von deutschen Touristen tuckerten mit Ihren Käfers und Opels samt Wohnwagen über den Gotthard in Richtung Rimini. Sie alle kamen am Cervelatstand von Elena vorbei. Dort hat sie 1956 als 12-Jährige erstmals gestanden und den Touristen Würste und Alpenrosen verkauft.

Dort steht sie heute noch. Jeden Sommer fünf Monate. Direkt an der Tremola, neben einer fünf Meter hohen, in Stein gehauenen Madonna. Den Grill befeuert Elena mit Holz. Was den Würsten die richtige Swissness verleiht. Eine Scheibe Weissbrot gibts dazu, auf dem Grill leicht angetoastet. Fantastisch, eine Gaumenfreude. Die Getränke werden im Wasserbad gekühlt. Die Cervelat kostet 4 Franken, die Bratwurst (Kalb) 5 Franken, der Bund Alpenrosen 5 Franken, das Bier 3 Franken. Das Mobiliar ist einfachst, alt und zweckmässig. Aus marketingtechnischen Gründen föhnt Elena aus einem alten Lautsprecher den ganzen Tag über einen charmanten Mix von originaler Tessiner Volksmusik über das Gelände der Passhöhe. Manchmal auch Ländler, für die Cars mit den Deutschen und den Japanern. Und wenn unten der Tunnel zu ist, dann ist sie parat und verkauft dreimal so viele Würste. Gleich neben dem Grill hat sie noch einen Souvenirstand. Nostalgischer Nippes aus den 60ern. Zwar kauft (fast) niemand mehr Souvenirs, aber die bunte Auslage ist ein Eyecatcher. Er macht Elena’s Grillstand grösser, bunter, wichtiger – erstklassiges Marketing. Für die beste Cervelat zwischen Palermo und Amsterdam.

9. Juli 2006

Wort zum Sonntag


Upgraded Version 2.0*

Lieber Herr Gott

Du hast ja als Schöpfer verschiedenes irgendwie falsch eingefädelt. Kriege, Hungersnöte, Seuchen – konzeptionell und schöpfungstechnisch völlig daneben. Aber ich will hier und heute nicht in dieses Allerweltsgejammer einstimmen. Sondern einen anderen Aspekt ansprechen, der dir meiner Meinung nach bei der Kreation von uns Kreaturen ebenfalls ziemlich daneben geraten ist.

Es ist ein delikates Thema, das ich hier als Beispiel einer missratenen Schöpfungskomponente endlich einmal ansprechen will, und ich weiss ehrlich gesagt nicht, wie ich das antexten soll. Es geht um unsere Körper. Abgesehen davon, dass du uns mit diversen Bräschten ausgestattet hast, die mir mit zunehmendem Alter immer mehr auf die Nerven gehen, sehe ich da noch einen weiteren Punkt, der in deiner Schöpfung nicht ganz perfekt geraten ist.

Ich meine, äähhm, die ganze hygienetechnische Attitüde. Also z.B. jeden Morgen unter die Dusche stehen müssen. Sich mit diesem nassen Element übergiessen, einseifen, abduschen und abtrocknen müssen. Jeden Tag. Und dann noch Haare föhnen, Zähne putzen und jede Woche Fingernägel schneiden. Ach ja, und rasieren. Mit diesen teuren Klingen die eigene Haut malträtieren. Oder schon vor dem ersten Kafi und der ersten Zigi mit einem surrenden Motörchen im Gesicht rumwuseln. Grauenhaft.

Und dann, wenn das alles vollbracht ist, kommt der Höhepunkt der vermeidenswerten Verrichtungen: Der – nennen wir es beim Namen – Morgenschiss. Geschlagene zehn Minuten sitz ich da jeweils auf dieser porzellanenen Schüssel, einem Industriemassenprodukt von äusserst beschränkter Bequemlichkeit, und frage mich, warum es nicht vorwärts geht, resp. warum diese Verrichtung bis zur völligen Entleerung, die dann auch wirklich einen Tag hinhält, so lange dauert. Bei mir kommt da noch ein eklatanter geografischer Nachteil hinzu. Ich lebe auf dem Lande und hier werden die Zeitungen erst gegen 11 Uhr ausgeliefert. Also guck ich jeden morgen zehn Minuten wie ein Oberdepp die langweilig und sandbeige gekachelte Wand an, studiere die leidenschaftslose Linienführung der Badewanne und versuche das Geheimnis der höchst instabilen Duschvorhangvorrichtung zu ergründen. Jeden Morgen.

Dies alles ist nicht nur ein exorbitanter zeitlicher Aufwand mit höchst fragwürdigem und einschläfernd repetitivem Charakter, man bedenke auch, was all diese Verrichtungen für ein gewaltiges Equipment erfordern. Ich will gar nicht anfangen mit aufzählen. Jedoch muss erwähnt sein, dass dieses Equipment nicht nur intern, sondern auch extern vonnöten ist. All diese Fabriken, die all diese tools und Seifen und Wässerchen herstellen. All diese Frisch- und Abwasseranlagen. Die ganze Vertriebs- und Entsorgungsschiene. Immens! Eine komplette Industrie musste aufgezogen werden.

Ach, lieber Herr Gott, auch dieser Mangel an der Konzeption der menschlichen Spezies musste mal auf den Tisch. Das hättest du doch wirklich etwas simpler einrichten können. Stell dir vor, wir Menschen könnten morgens aufwachen, dreimal tief durchatmen, in die Kleider schlüpfen und loslegen mit dem Tagwerk. Ohne den ganzen Dusch- und Rasier- und Stuhlgang-Schmonzens. Wäre doch viel praktischer. Sauberer. Ein echtes Ökokonzept. Wir könnten uns nützlicheren Dingen widmen. Wie z.B. dem elysischen Duft von frischem Heu. Den du ja auch hingekriegt hast.

Woran, lieber Herr Gott, liegt diese flatterhafte Qualität in deiner Schöpfung? Was ist da schief gelaufen, seinerzeit, als du uns kreiert hast? Die falschen Berater? Mieses Budget? Durchgeknallte Designcrew? Oder warst du ganz einfach schlecht drauf?

Ich weiss, wir werden es nie erfahren. – Und weiter duschen ...


* Erstmals publiziert am 11.6.2006. Auf vielseitigen Wunsch aus der Tiefe des Archivs gehievt und mit enorm relevanten Links aufgepeppt.

8. Juli 2006

Der Himmel über LA

Ziemlich viel Verkehr da oben, dachte ich kürzlich, als ich an einem Waldrand sass, dem Sonnenuntergang über dem Jura entgegen blinzelte und die Jets am Himmel zählte. Zeitweise sahen wir 15 Flieger gleichzeitig.
Was da am Himmel wirklich abgeht, ist für uns Laien kaum vorstellbar. Einen kleinen Eindruck über den Flugverkehr über Los Angeles kriegt man hier. Weitere Flughäfen sind hier verzeichnet.
Wem das zu hoch ist und es lieber gemütlicher hat, schaut hier rein.

6. Juli 2006

about: der bugsierer

bugsierer? bugsierer sind schleppkäne, die nicht schleppen, sondern drücken – bugsieren eben. ein sehr heikles manöver. drückt man zu viel, knallt der kahn an die mauer, drückt man zu wenig – auch. es muss passen.

deutlich wird das in folgendem bild: ein oeltanker fährt in die miraflores-schleuse am panamakanal ein. zwei bugsierer bugsieren den pott in die richtige position. zusätzlich kommt ein dritter von hinten, um den tanker in die schleuse zu schieben, da er mit seiner eigenen schiffsschraube so langsame fahrt nicht machen kann resp. kaum steuerbar ist.




der bugsierer, blogger
aka christian röthlisberger (*1956)

texter/konzepter/werber
kommunikation, editorials, events
für wirtschaft und kultur
offline oder online
für kleine und kleinste firmen
für agenturen und institutionen
solo oder mit weiteren verrückten

siehe auch:
www.roetext.ch

und sonst:

schreiber, leser, zuhörer
rotwein, chesterfield, zippo
jazz + voxpop
kunzt + zirkus
echolote + web 2.0
damen, amen.

noch fragen?

roetext @ gmail.com
.

3. Juli 2006

Der Himmelsschreiber ist nicht mehr


Einer meiner Lieblingsorte ist der Hamburger Hafen. Wenn ich mal dort bin, was leider zu selten vorkommt, kann ich locker zwei Hafenrundfahrten am Tag machen und dann noch zwei drei Stunden an den Landungsbrücken rumlungern, den grossen Pötten beim Vorbeifahren zustaunen, in einer der Kneipen ein Bierchen trinken, ne Pommes mit Mayo geniessen, die Hamburger Presse von hinten bis vorne durchschmökern, und so den Tag verbummeln.
Jede Stunde, oder an schönen Tagen jede halbe Stunde, steigt direkt vor den Landungsbrücken ein uraltes Wasserflugzeug auf und fliegt Touristen über die riesigen Hafenanlagen. Die alte Kiste gewinnt nur träge und zeitlupig an Höhe, fliegt dann in 600 m Höhe die Hafenanlagen ab und kehrt nach 20 Minuten wieder zurück, setzt sich ebenso träge in einem ausgedienten Hafenbecken aufs Wasser und holt die nächste Touristenladung ab.
Das will ich auch mal, dachte ich immer, das mach ich, wenn ich das nächste mal da bin, nahm ich mir vor. Jetzt ist es zu spät. Die alte Kiste ist abgestürzt. Kurz nach dem Start, der Pilot versuchte noch eine Notlandung. Er war der einzige sogenannte Himmelsschreiber Deutschlands, zeichnete mit einem Flugzeug Liebesbotschaften oder Werbeslogans in den Himmel.
Vermutlich wird es jetzt keine Hafenrundflüge mehr geben. Und die alte Kiste wird fehlen, wenn ich an den Landungsbrücken den Tag verbummle. Das ist traurig.

Update hier.