1. Mai 2007

1 jahr bugsierer: rück- und ausblick


am 1. mai 2006 um elf uhr nachts habe ich in meinem ersten blog-beitrag ganze zwei sätze geschrieben: jetzt wird gebloggt. was das zeug hält. eine gute stunde später fand ich heraus, wie ich ein bild hochladen kann und war stolz. denn blogs hatte ich erst ein paar tage vorher entdeckt. man las hin und wieder davon. blogs?, dachte ich damals – mal googeln. es begannen nichtendenwollende nächte, ich war elektrisiert.

april 06: schon nach ein paar tagen surfen in der blogosphere war mir klar: will ich auch. ich nahm mir sehr viel zeit für die auswahl der software resp. des dienstes. es gab damals noch keine empfehlungen wie diese. als ich meinen dienst nach ausführlichen tests verschiedener dienste gefunden hatte kam das zweite problem: wie soll das blog heissen? wie ich als protagonist? ich wollte ein anonymes blog. auch für das naming nahm ich mir viel zeit.

henusode, der berndeutsche ausruf der gelassenheit, schien mir neben zwei dutzend anderen varianten die beste wahl. ich bin meistens gelassen. oder kann wenigstens so tun. ein privileg. – bugsierer ist eine referenz an meine vernarrtheit in die hochsee-schifffahrt. bugsierer sind schleppkähne, die nicht schleppen, sondern drücken – bugsieren eben. ein sehr heikles manöver. drückt er zu viel, knallt der pott an die mauer, drückt er zu wenig, auch. es muss passen.

dann konnte es also losgehen. ich hatte meinen dienst, meinen blognamen inkl. baseline und auch einen nickname. toll. aber dann kam schon das nächste problem: was schreiben? die plötzliche möglichkeit, alles publizieren zu können, überforderte mich. ich war bis dahin 35 jahre weitgehend mit alten – gedruckten – medien unterwegs, und websites waren ja schon recht, aber da nicht selber zu bedienen irgendwie unsexy. und plötzlich konnte ich einfach loslassen. ich kann nicht sagen, dass ich mir das schon immer erträumt hatte, dazu fehlte mir schlicht das vorstellungsvermögen, dass so etwas überhaupt geht.

ich hatte keinen blassen

das nächste problem stand dann gleich dutzenweise auf der türschwelle: technorati, backlink, permalink, aggregator, counter, feedreader, feed, beta, mashup, social software, ajax, metablog, widgets, del.icio.us, web 2.0, folksonomy, tags/tagging/tagcloud, adsense, long tail, moblog, stöckchen, troll, user generated content etcpp. ich von nix ein ahnung, noch nie gehört, von was die da reden. ich hatte keinen blassen und vermutete hinter jedem dieser begriffe mehrere stunden, wenn nicht tage an lern- und recherchierarbeit. es wurde mehr. viel mehr.

blogging ist die königsdisziplin im web 2.0, las ich in dieser anfangszeit irgendwo. ich sah also vor mir ein neues grosses kommunikations-system, das sich da gerade breit macht. bis weit in den herbst 06 hinein hatte ich das gefühl: ich ahne, worum es da geht, aber begriffen hab ichs noch lange nicht.

trotzdem eröffnete ich schon im juli das zweite blog: the ashtray collection. hat aber nicht hingehauen und döst seit dezember als joker im long tail vor sich hin. ein sogenanntes schläfer-blog. gut, immerhin markierte das ding für ein anonymes newbie-blog gewaltig. es wurde von blick online rezensiert, was über 2'000 zugriffe brachte. an einem tag. der hammer. ich machte eine flasche delzwicker auf.

im september brachte ich es dann sogar in die nzz am sonntag, wenn auch nur mit einer kleinen notiz, aber immerhin. ich bilde mir nichts darauf ein, aber ich finde es noch heute sehr erstaunlich, dass das überhaupt ging – anonym, wohlverstanden. ich schickte der sonntagspresse per e-mail einen kleinen hinweis auf mein binsack-post, eine medienmitteilung, wie das andere medien auch tun, wenn sie eine grossen geschichte bringen. das war ein experiment und ich war erstaunt, dass es funktionierte. wieder musste ein edelzwicker dran glauben.

die boulevard-schiene

ich durchlief als blog-newbie in diesem jahr verschiedene phasen. ich experimentierte. so beschloss ich im semptember, probehalber mal eine boulevard-schiene zu fahren. reisserische themen, gröösere schrift. das experiment gelang, der traffic zog an. ich legte mich sogar mit der sonnt
agszeitung an, was mir die dritte erwähnung in einem grösseren medium einbrachte. allerdings nicht mehr als anonymer blogger, denn ich war kurz nach meinem sz-post irrtümlich "enttarnt" worden (was aber überhaupt nicht schlimm war, ich hatte eh vor, mich zu outen). jedenfalls brachte mir der schuss vor den sz-bug auch ein böses e-mail von einer sz-journalistin ein:

sehr geehrter herr roethlisberger

freut mich, endlich zu wissen, wer sie sind. und wahrlich, ein verhinderter journalist, der seinen frust an journalisten auslässt. und das beleidigend, verleumdend und ehrverletzend. der typische frustierte besserwisser. sie tun mir leid.


ich
verstehe heute besser, warum die so sauer werden ab uns bloggern. ob madam sz dem medienkritiker kurt w. zimmermann auch so ein mail schicken würde (der haut ja auch auf den putz), wage ich allerdings zu bezweifeln.

im frühwinter hatte ich das bedürfnis, mein chaos all der oben erwähnten begriffe und ihre dahinter stehenden techniken irgednwie zu ordnen. ich legte das bloghandbu
ch an und sammle dort relevante blog-posts zu all diesen neuen kulturtechniken. das machte ich für mich und für meine kunden und für alle, die im netz darüber stolpern. vor zwei monaten meldete sich ein alter bekannter, der in diesem bloghandbuch gesurft war und mir schrieb: so viele neue wörter – ich will auch. schön, das kleine projekt generierte den ersten blog-auftrag. das war mehr, als ich erwartet hatte. hello edelzwicker.

im märz 07 kam ich dann ungewollt zu einem weiteren blog: blogkritik.ch, wo ich mich im herbst 06 als "hafenmeister" herumtrieb und blogs rezensierte. leider ging das illustre gefäss dramatisch ein und der gründer namens dr. blog-blogicki wollte das teil vom netz nehmen. ich fand das schade und übernahm das ding sozusagen in einem (geschenkten) management buy out, um es als zeitdokument weiterhin zugänglich zu machen. leider waren bei der daten-übernahme alle beiträge von herrn blog-blogicki verschwunden und damit das zeitdokument nur noch wenig interessant. ein weiterer fall für den long tail.

nicht unerwähnt bleiben in dieser kleinen rückschau auf mein erstes blog-jahr darf natürlich der zoff mit swissblogpress. ich hatte mich als anonymes newbie-winz-blog mit der selbsternannten schweizer blog elite angelegt. das machte mich bekannt, was allerdings nicht meine intention, sondern nur ein nebenffekt war, blog-medien-technisch allerdings ein sehr interessanter. hier stiegen die zugriffe auch, aber weit willkommener war mir, dass ich durch diese paar ruppigen posts ein paar edle stammleser gewonnen hatte. ich war nie scharf auf mehr traffic in richtung alpha-bogger, aber ich fand es spannend, wie er zu stande kommt, wann und warum oder warum nicht.

hinterm horizont gehts weiter, immer weiter

und heute, nach einem jahr bloggen? meine faszination für das neue web ist gewachsen und es hat sich einiges an wissen angehäuft. auch wenn ich bei weitem nicht in jedem teilbereich rund um das bloggen und web 2.0 der grosse hirsch bin, so weiss ich jetzt doch in den wesentlichen zügen, woher der wind weht. es ist ein ziemlich grosses ding, das da anrollt und es wird in der medien- und kommunikationswirtschaft (und damit in der ganzen gesellschaft) ziemlich viel auf den kopf stellen. was völlig nach meinem gusto ist.

ich darf ja auf eine bescheidene, aber längere karriere als texter/konzepter, veranstalter, promotor, produzent, personal manager, journalist, debattierer und beizenhocker zurückblicken. ein jahr bloggen plus eine intensive online-auseinandersetzung mit dem neuen web kommt jetzt dazu. war da nicht was von mashup? mir war von anfang an irgendwie klar, dass ich diese neuen kulturtechniken irgendwann in mein berufliches repertoire aufnehmen würde. aber mir war auch klar, dass ich die eingangs erwähnte liste zuerst mal abarbeiten sollte, bevor ich da einen dicken hals mache.

das habe ich jetzt getan – es kann losgehen:

blogberatung.ch
vor ein paar wochen ereilte mich aus heiterem himmel die frage, ob wohl die domain blogberatung.ch schon weg ist. war sie nicht, die konkurrenz hat geschlafen. es ist erstaunlich, wie wenig man in der schweizer werbeszene vom neuen web hört. quasi nichts, nahezu alle fahren gemütlich durch die alten kanäle. für mich ein grund mehr, einen neuen aufzutun: ich werde mich hier als texter/konzepter/marketier mit spezialgebiet "blogs und neues web" anbieten.

michelbesson.ch
hier werde ich meinem verstorbenen freund und musiker michel besson eine digitale gedenkstätte aufbauen. das wollte ich schon lange, aber mir graute davor, ein halbes jahr nach material für eine solche website zu suchen resp. sie überhaupt zu erarbeiten. das medium blog macht diese ladehemmung obsolet – da kann ich mit dem ersten post anfangen und in zwei, drei jahren werden wir hier ein schönes michel besson memorial haben.

bugsierer.ch
hierhin werde ich demnächst mein blogger-blog zügeln. blogger.com ist zwar nach wie vor ein klasse tool, aber für ernsthafte web-kommunikation ist wordpress sicher ein must. inhaltlich wird das henusode-blog unter der url des protagonisten bugsierer eine freie bloghütte bleiben – das konzept bin ich. die züglete werde ich so fliessend wie möglich ausrollen.

so einfach ist das.

bleiben sie uns gewogen.

der bugsierer

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geburtstagskuchen

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9 Kommentare:

  1. Aus Olten wird dir gratuliert.

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  2. Nicht nur aus Olten wird gratuliert, Hinwil schliesst sich den Gratulationen vollumfänglich an...

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  3. Auch Bern gibt 10 Punkte! Gratuliere zu deinem ersten Jahr Bloggen. Ich denke du machst das richtig gut! Und wenn man sieht was du alles schon angefangen hast und im LongTail wieder verschwunden ist. Hut ab! Das gibt ne Anerkennungsnadel.

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  4. Ich schliesse mich mal aus dem hohen Norden an: Glückwunsch zum ersten Jahrestag!!

    Liebe Grüsse, kho

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  5. oh, danke danke, ich verneige mich.

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  6. Aloha! Auch von mir aus Bern noch herzliche Gratulation aus Bern. Muss gleich mal Deinen Feed abonnieren

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  7. Netter Rückblick. Als Kollege mit Blog mit gleichem Jahrgang interessiert es mich, wie sich andere schlagen.

    Du scheinst, einiges richtig gemacht zu haben, auch wenn wenn "richtig" nicht so richtig definiert ist. Schreibst ja, dass viel Verkehr nicht unbedingt Dein Ziel ist.

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  8. @ rouge: oh, ein neuer abonennt, willkommen in der bloghütte. hier ist edelzwicker gratis und es darf geraucht werden.

    @ reto: genau, richtig ist in sachen bloggen nur man selbst. und wichtig. danke für die blumen.

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  9. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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