11. Februar 2007

warum es immer einen texter braucht



ein beitrag zum
2. blog-carnival
zum thema pr- und medienarbeit


ich habe oft mit kunden zu tun, die zum ersten mal mit einem externen texter/berater arbeiten. diese kunden haben von der presse in den meisten fällen nur soweit eine ahnung, wie das der normale zeitungsleser auch hat und das ist für den umgang mit medien nicht eben viel. sie machen sich falsche oder gar keine vorstellungen und sie mühen sich bis zu meinem auftauchen mit dem verfassen von pressetexten unnötig ab. sie würden sich besser um die pflege ihrer adressen-datenbank kümmern oder den parkplatz beschriften.

dass kunden weder von pr noch von werbekommunikation viel verstehen, ist nicht der einzige grund, dass das meistens nicht klappt mit der selbstgemachten pr. der wichtigste grund, warum unternehmer für ihre kommunikation möglichst früh externe und professionelle dienstleistungen in anspruch nehmen sollten, ist ganz einfach: du sitzt als unternehmer zu nah an deinem produkt und kannst nicht burteilen, was dein kunde wissen will. ja, das ist eine faustregel, die ausnahmen kennt. es gibt da und dort unternehmer, die ihre kommunikation intuitiv richtig machen oder sie haben sich weitergebildet und haben auch noch das nötige talent dazu. aber die sind die ausnahme.

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in den 80er-jahren (hm..., waren es die 70er?) entschied sich der basler chemi-multi ciba-geigy (heute novartis), das viele geld, das er in externe werbeagenturen pumpte, stattdessen in eine inhouse-agentur zu investieren. es entstand eine full service agentur mit allem drum und dran und mehreren dutzend mitarbeitern, die ausschliesslich für die ciba und ihre tochterfirmen werbung machten. das ging aber in die hosen. den dortigen werbern fehlte eine der wichtigsten ingredenzien – die distanz. die ciba-werberinnen waren zwar in einem eigenen gebäude untergebracht, trotzdem waren sie schon bald part of the family und somit ohne relevante optik auf die kommunikationsbedürfnisse des unternehmens. die bude wurde nach ein paar jahren wieder dicht gemacht und die budgets flossen wieder in hochbezahlte externe agenturen.

wir lernen daraus: die werberin braucht die externe optik. sie muss die position des kunden spüren, um die richtigen fragestellungen resp. antworten (was interessiert den kunden?) zu finden. je unwissender ich an ein thema rangehen kann, desto mehr kann ich die position des potentiellen kunden einnehmen, der ja meistens auch nichts weiss – und dann die richtigen themen im richtigen ton austexten. als interner hast du für diese zwei zentralen ansprüche wenig chancen. du weisst zu viel über dein produkt, du weisst alles darüber.

ein beispiel aus der eigenen küche, jahre her schon: ein verband für eine damals sehr neue und fast gänzlich unbekannte disziplin – lichtplaner. ich konnte mir nur diffus vorstellen, was die machen. nach zwei briefings wusste ich, was für eine gute sache das ist und wie enorm viel wissen und erfahrung es dazu braucht. es gab damals in europa erst eine akademische ausbildung dafür (so viel ich mich erinnere in münchen) und in der schweiz wurden kaum 1% der neubauten mit lichtplanern realisiert.

dementsprechend wusste in der zielgruppe (bauherren und architekten) auch praktisch niemand, was lichtplaner eigentlich tun und wem sie nützen. zwei simple fragen aus konsumentensicht. mehr brauchte es auf der website lightmakers.net nicht. das jedoch auf den punkt gebracht. kein marketing-geschwafel, sondern gute argumente, selbstbewusst dargereicht.

darauf wären die leidenschaftlichen lichtplaner selbst nie gekommen und sie hätten es so nicht texten können. wollten sie auch nicht. dafür hatten sie ja mich angeheuert. aber falls sie das self-made-programm gefahren wären, das die meisten solochen verbände üblicherweise fahren (der sekretär, jurist von beruf, schreibt die verbands-website, hehe....), dann wäre nach zwei jahren die x-te version mit einem wust von unnötigem datenmüll zu sehen und nicht ein profi-kontent, der noch nach sieben jahren bis zum letzten komma gültig ist. das ist auch ein kostenfrage, liebe unternehmer. und überhaupt: ihre heizung basteln sie sich ja auch nicht selber in den keller.

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die meisten unternehmer täten also gut daran, sich in kommunikationsfragen frühzeitig und kompetent beraten und betexten zu lassen. die zeit, die sie in hausgemachte und suboptimale pressetexte investieren, würden sie gewinnbringender in ihr kerngeschäft oder in ihre erholung stecken. nicht selten sagen mir kunden: jetzt sass ich schon zehn stunden hinter diesem pressetext und er ist immer noch nicht fertig. einige probieren es am wochenende, nehmen den laptop mit in den garten, tippen zwischen kind und frau und grill mal ein paar zeilen rein und haben dann am abend doch nicht viel mehr als ein gerippe oder ein scribble, das die sekretärin dann notdürftig in das übliche phrasengedresche umschnitzt. dafür, nämlich für einen suboptimalen presse- oder sonstwas-text haben sich die hochmotivierten ceo's den ganzen sonntag vermiest und einmal mehr den familienfrieden aufs spiel gesetzt. sehr unproduktiv.

ich würde mal kühn behaupten, dass erfolgreiche pr- und medienarbeit in 9 von 10 fällen das ergebnis von professioneller resp. externer medienarbeit ist. genau so wie 9 von 10 gut funktionierenden computernetzwerken in kmu's von professionellen ict-leuten gemanagt werden und nur einer von einem begabten inhouse-bastler. medienarbeit ist heute eine hoch diversifizierte disziplin – wo man früher eine handvoll pressemitteilungen an die lokal- und fachpresse verschickte, stehen heute mehrere zusätzliche online-kanäle zur verfügung. sowas will orchestriert und arrangiert sein.

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und wenn das budget fehlt? tja – ohne moos nix los, klar. aber das ist nur die halbe wahrheit. bei jedem startup und in jedem alteingesessenen kmu liegt irgendwie geld rum. wer tausende oder zehntausende in büromöbel, computer, software, werkzeug, autos oder weiss der geier was investiert, sollte auch genug geld für einen anständigen pressetext und die kommunikation seiner idee aufwerfen können. für die mausarme ich-ag wird es jeder gute (und nicht ausgelastete) texter für die hälfte oder wenig tun (falls da wirklich kein porsche auf deinem parkplatz steht).

mit anderen worten: es ist auch eine unternehmerische frage. wenn du all deine energie in ein projekt steckst (ob in eine firmeneröffnung oder ein firmenjubiläum), sparst du in der kommunikation am falschen ort. es ist unsinnig, am einen ende viel energie reinzustecken und am anderen ende, wo diese energie unter die leute gebracht werden soll, den hahnen abzudrehen.

vor zehn jahren hat das gemeine kmu zum firmenjubiläum oder die ambitiöse neugründung zur büro-einweihung ca. fünf pressemitteilungen verschickt. zwei an die lokalpresse und der rest an die fachpresse. damals hatte die sogenannte pr für 9 von 10 unternehmen sozusagen keine bedeutung. heute ist das um 180 grad anders. es gibt viel mehr gedruckte medien und dazu noch haufenweise neue online-medien, vom branchenportal über google bis hin zum webauftritt oder gar zum firmen-blog.

es ist auch heute noch so, dass für 9 von 10 unternehmen die klassische pr nur bedingt von bedeutung ist. die online-pr aber bietet heute eine nie gekannte varietät an kanälen und ist ein wesentlicher bestandteil von jedem kommunikations-mix. selbstredend spreche ich bei meinem metier als texter auch nicht von werbung und marketing und pr, sondern von kommunikation. wenn du nicht gerade ein massenprodukt wie z.b. ein waschmittel verdealst, sondern etwa eine 3-mann-bude in der baubranche betreibst, dann brauchst du gute kommunikation, um deinen markt zu finden. dann ist online-pr ein teil dieser kommunikation – neben klassischer werbung (z.b. plakate auf baustellen, firmenbroschüren, kleinanzeigen, etcpp).

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und hier liegt für den kunden der hacken. all die vielen online-pr-ler in ehren, aber die meisten von ihnen haben wenig praktische erfahrung in klassischer kommunikation für klassische kmu's. was nützt dir die schönste pressemitteilung auf zwei dutzend kostenlosen pr-portalen, wenn dein firmenname keine botschaft hat? beispiel: zwei brüder, bauhandwerker, übernehmen das hochspezialisierte und lokal sehr begehrte sichtmaurer-geschäft ihres chefs, der sich mit einer handvoll freelancern einen guten namen gemacht hatte. sie nennen sich zuerst "bauhandwerk gmbh". ein langweiliger und vor allem austauschbarer name.

ich sagte den beiden: ihr seid brüder – das ist ein vorteil, den man kommunizieren kann. wo brüder am werk sind, kommts meistens gut. das ist volksmund, das wirkt. noch bis weit ins letzte jahrhundert war die bezeichnung "gebr." (für gebrüder) ein weitverbreiteter qualitätsbegriff. im amerikanischen waren es die brothers, noch heute kennen wir alle die filme von "warner bros.". also: wenn wir schon zwei brüder haben, dann sagen wir es auch: werner & werner. so heissen die beiden mit nachnamen – andi und christian werner. "werner & werner" tönt aber wie zwei vornamen und hat dadurch einen etwas comicmässigen schalk. schalk ist immer gut. aber nicht nur, darum muss eine baseline her, die erklärt, was diese firma macht: maurer, gipser, plättli. beides zusammen macht die dreimann-bude zum brand.

so:

und die website sieht dann (seit 2001) so aus. schon nach kurzer zeit sprach man in der lokalen bauszene nur noch von den "werner bothers" oder – liebevoll – von den "wernis". was ich sagen will: auch die coolste online-pr nützt dir einen alten hut, wenns nicht vorher mit einem coolen (aber klassischen) naming/branding losgeht.

wer sich schon mal zwei stunden durch all die online-pr-portale geklickt hat, weiss wovon ich rede: in 9 von 10 fällen ist da viel lärm um nichts. das gegenwärtige und etwas nervöse online-pr-getue erinnert mich manchmal an die diskussion um das selbermachen von flyern und firmenbroschüren, damals in den 80ern. mit dem aufkommen der pc's konnte plötzlich jede sekretärin einen flyer oder ein inserat basteln – es sah horror aus. trotzdem verirrten sich noch jahrelang irgendwelche computer-freaks in den gefilden der grafik und boten mit ihren billigen pc's billige grafik an oder gaben grässlich gedesktoppte gratiszeitungen heraus.

zum schluss und zum thema kommunikation ein weises wort des schweizer philosophen hans saner:

man kann zeichen hinterlassen,
ohne damit etwas sagen zu wollen.
man kann aber nicht verhindern,
dass sie etwas sagen.

um zu verhindern, dass deine zeichen das falsche aussagen resp. um zu erreichen, dass sie das richtige aussagen – brauchts in den meisten fällen immer einen texter. finde ich.

* aus dem buch anarchie der stille, basel 1990


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eigentlich wäre dieser beitrag hier zu ende, aber ich kann mir einen nachsatz nicht verkneifen. beim heraufladen dieses textes wollte ich mir ein banner dieses blog-karnevals runterladen und meinen beitrag nach guter alter blog-karnevals-sitte mit dem entsprechenden karnevals-branding einleiten. aber ich konnte mich zwischen den vier varianten des brandings nicht entscheiden:


ich wusste nicht, welcher titel mir schlechter gefallen hätte: "business-blog-karneval" (das "business" ist unnötig) oder "erfolgreiche pr- und medienarbeit" (abgelutschter begriff). ich konnte mich auch zwischen den dargebotenen formaten und farbigkeiten nicht entscheiden. dann merkte ich, dass ich soeben über solche mängel im umgang mit branding geschrieben hatte. und ich fragte mich, ob ich mit diesem text im richtigen karneval bin – und habe dann zur visuellen einleitung in diesen kleinen aufsatz ein bild aus dieser sammlung reingehängt.

war da sonst noch was? ach ja, das.

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