27. August 2006

Warum Polo Hofer schweigt

Er ist krank, der Gute. Im Spital, im künstlichen Koma und in der medialen Versenkung. Die ihm höchste Medienpräsenz beschert. Niemand weiss etwas, niemand sagt etwas, aber alle schreiben über ihn. Es wird spekuliert, vermutet, getratscht.
Polo Hofer ist kein Anfänger. Er ist ein alter Könner, der die Klaviatur der Medien intus hat. Auch sonst, das weiss jeder, hat er so einiges intus. Am Morgen Weissen, am Nachmittag und Abend Roten, spätnachts noch die Goniäggers. Seit Jahrzehnten.
Dass er der einzige A-Promi in diesem Land der Cervelatpromis ist, der immer zu seiner Kifferei gestanden ist, ist ihm hoch anzurechnen. Alle anderen tun es auch, aber nur backstage. Und wenn sie mal öffentlich dazu befragt werden, haben sie zwar auch schon mal geraucht, aber nicht inhaliert.
Dass er seit 40 Jahren auf der Bühne steht und immer noch die Hallen füllt ist eine Leistung von seltener Güte. Dass er dabei mittlerweile drei Generationen erfolgreich mitreisst ist eine tiefe Verneigung wert. So mancher seiner Songs ist zum Volksliedgut geworden, das schaffen nur ganz wenige.
Und jetzt liegt er in einer Privatklinik. Die Bauchspeicheldrüse tut nicht mehr gut, hört man. Kann man reparieren, – und dann weitertrinken, hört man auch. Vielleicht dann eher gleich mit dem Roten anfangen, den Weissen weglassen und von den Goniäggern nur noch die Hälfte und dann wird das schon wieder werden. So hoffen wir doch. Auf dass er uns noch manches Ständchen bringe, der gute alte Polo.
Aber warum sagt er nix? Warum sagt seine Frau und Managerin ebenfalls nix? Wir haben einen Verdacht und der geht so:
Würde Polo Hofer den Medien und seinen Fans reinen Wein einschenken, wäre das der Journaille gerade mal ein paar Zeilen unter "Vermischtem" wert. Aber den reinen Wein spart er sich lieber für später auf. Und generiert mit dem so entstehenden Informationsvakuum das viel grössere Interesse, die fetteren Schlagzeilen und die längeren Storys. Ganz nach dem altbewährten Hollywoodmotto: Ist mir egal, was du über mich schreibst, Hauptsache du schreibst viel und meinen Namen richtig.
Gut, Polo's Schweigen mag auch noch andere Gründe haben. Zum Beispiel den:
Erlaube keinem Bedauern, Dich zu umschatten,
keinem sinnlosen Kummer, Deine Tage zu trüben.
Niemals entsage den Liebesliedern,
den Lauben und den Küssen,
bis Deine Erde ruht, vermischt mit älterer Erde.
Ein Text aus Die Rubaijat des Omar Chajjam. Er steht auf Polos Website. Und zwar in just jener Ecke, wo es heisst, dass es vorläufig keine Konzerte mehr gibt. Dass die gemeine Journaille mit solcherart Codierung nichts anfangen kann, ist auch klar. No business like showbusiness.

Wie auch immer: Gute Besserung, Polo.

Bild: Polo als Drummer und Sänger der Alpinistos im Anker zu Interlaken, via www.hanery.ch

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