5. Dezember 2008

der schiffsschreiber


die beliebtesten literaturpreise, bei den autoren, sind die sog. stadtschreiber. ein dichter wird in eine stadt eingeladen, kriegt eine schöne wohnung, ein gutes taschengeld, und muss nichts als ein paar mal lesen. er kann in dieser zeit schreiben, muss aber nicht. die meisten tun es trotzdem. sonst wären sie ja nicht dichter.

peter bichsel, der grosse altmeister der kleinen form, hat 1981/82 die wohl renommierteste stadtschreiberstelle innegehabt, nämlich die in frankfurt (neben autoren wie grass, muschg, jandl, dürrenmatt, etc.). entstanden ist dabei das wunderbare büchlein "derleser, das erzählen: frankfurter poetik-vorlesungen". (sehr zu empfehlen für alle, die was mit schreiben machen).

das prinzip des stadtschreibers wurde jetzt erstmals von einer reederei auf ein kreuzfahrtschiff umgelegt. und zwar nicht auf einem dieser halligalli-pötte, sondern dem luxusliner schlechthin: der ms europa. das einzige kreuzfahrtschiff der welt, das zum neunten mal in serie mit 5 sternen dekoriert wurde, das grösste platzangebot pro gast bietet und maximal 408 passagiere mitführt. first class bis zum abwinken.

der schriftsteller matthias politicky hatte das seltsame, aber extrem reizvolle vergnügen, auf diesem traumschiff den schiffsschreiber zu geben. ein halbes jahr lang, in 180 tagen rund um die welt. first class. (man beachte auf der website des autors dieses bombastische routen-tagebuch). – hallo hapag loyd, ich würde das auch gern mal machen, könnte schon morgen loslegen, ihr habt ja internet.

politicky jedenfalls hat einen schelmenroman daraus gemacht: in 18 tagen um die welt: das logbuch des herrn johann gottlieb fichtl. von dem elke heidenreich sagte, das sei ein extrem amüsantes (zum schief lachen) und sehr entlarvendes kuriositätenkabinett von grosser klasse. der zu 100% in einer hochexklusiven nautischen top location spielt. klar, dass der bugsierer dieses buch sofort bestellen wird, um zu gucken, was der kollege so meint über das first class leben auf see. (na ja, von wegen kollege, hüstel, ich war nur auf einem frachtschiff rund um dänemark und zu einem roman hats auch nicht ganz gereicht ;-).

man könnte sein buch auch ohne elke heidenreichs empfehlung kaufen, denn es ist im führenden verlag für nautische literatur herausgekommen, dem mare verlag in hamburg, da kann man als eicher von echoloten blindlings alles kaufen. dessen gründer und chefredaktor ist übrigens sinnigerweise ein schweizer namens nikolaus gelpke. sein paradepferd ist die wunderbare zeitschrift "mare, die zeitschrift der meere". ein spannendes gespräch mit ihm gibts bei focus/drs3 (was für aufs iphone, matrosen ;-)

der letzte nautische stoff übrigens, den wir uns hier neben dem echolote eichen gegönnt haben, war der hier – kann man auch nur rühmen.
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