18. September 2009

pfuschen, vermischen, kuscheln

war da nicht mal was mit schweizer geiseln in libyen? war da nicht ein wochenlanges mediengetöse um das ungeschickte vorgehen unseres bundesrats merz? war da was?

die letzte meldung dazu ist bei google news 9 tage alt, die vorletzte 2 wochen. inzwischen ist ja auch bekannt geworden, dass eine der geisel in tunesien ferien gemacht haben soll und sogar beim libyschen premier ein und aus geht. geiseln?

ich wiederhole mich nicht ungern: geiseln waren das nie so richtig. dass man sich als staat und als citoyen überhaupt mit solchem unfug befassen muss, ist bemühend. es gäbe wichtigeres. aber vielleicht ist das genau der punkt: die ablenkung vom wichtigeren.

war da nicht mal was von einem militäreinsatz gegen piraten? erinnert sich noch jemand an die lächerlichen schlagzeilen im januar? an den blinden aktionismus der politiker? jetzt hat der nationalrat den einsatz gebodigt. und wir sollen es gut finden, dass er darüber geredet hat.

nun, es war viel lärm um nichts. denn die idee, 30 schweizer soldaten in eine eher lose militäraktion auf hoher see zu integrieren, ist zu schräg, um sie überhaupt ernsthaft zu diskutieren. wer trotzdem ein solches getöse darum macht, steht im verdacht, von anderen, wichtigeren dingen abzulenken.

ein letztes beispiel: war da nicht mal was mit schweinegrippe? meine nerven – wochenlang ein gewaltiger tsunami mit heftigstem mediengetöse und hyperaktivem politikersprech. sogar schlatter musste ran. – und jetzt? nichts. keine schutzmasken weit und breit.
nicht das kleinste kataströphchen.

sehr dünn dagegen sind die meldungen über die medienschelte von ueli maurer. ich habe ja das heu überhaupt nicht auf der gleichen bühne wie der herr militärminister, aber so unrecht hat er bei barte von gutenberg ja nicht:

Viele Medien nehmen den Informationsauftrag nicht ernst. So legen sie den Boden schlecht: Pfusch ist da an der Tagesordnung. Schnellschüsse und Kurzschlüsse, Sofort-Umfragen, Sofort-Erklärungen, Sofort-Geschichten füllen die online-Zeitungen, die Tageszeitungen, die Radio- und Fernsehprogramme. Aus dem Internet gegoogelt und schrill umformuliert, werden aus Nichts Schlagzeilen und aus Wenig Texte.

insgesamt kritisiert maurer drei dinge, die die medien falsch machen: pfuschen, vermischen, kuscheln. seine rede ist lesenswert, und sie ist bemerkenswert, immerhin spricht ein bundesrat erstmals solchen klartext vor versammelter verlegerschaft.

das problem ist nur, dass bundesrat maurer und seine partei genau diese "schwachen" medien allzu gerne als multiplikatoren einsetzen. maurer selbst war als parteichef jahrelang der erste vorbeter von kurzlebigen, provokativen und kruden schlagzeilen. gäbe es die von ihm hier angemahnte medienlandschaft, wäre seine partei wohl nicht auf so hohe wähleranteile gekommen.

und jetzt? den verlegern ist an ihrer tagung nicht viel mehr eingefallen als das einfordern von subventionen. sie stehen also, zusammen mit den journalisten, weiterhin im verdacht, von der neuen medienwelt noch nicht wirklich viel begriffen zu haben. beispiel gefällig? hier versucht sich sascha lobo an zwei journalisten, die sich das internet noch ausdrucken lassen.

war da sonst noch was?
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2 Kommentare:

  1. Sehr guter Text. Spricht mir aus dem Herzen.
    Gruss
    Peter

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  2. ein grossartiger fund dieses interview mit herrn lobo. der internet-guru spielt die beiden anderen mit links an die wand und bleibt streng sachlich und cool. unglaubliche schlussfolgerungen: gewalt-videos im internet hätte es ohne internet nie gegeben...

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