in diesen tagen hat die schweiz die grössten image-probleme ihrer geschichte. kürzlich hat in einer debatte dazu, ich glaub es war in einer arena, ein kluger kopf einen scheinbar unscheinbaren sachverhalt ans tageslicht gezerrt, der mich auch schon lange wundert:
im ausland ist das schweizer fernsehen nicht empfangbar – warum eigentlich nicht?
wir können ja schliesslich hier in der schweiz auch österreichisches und deutsches fernsehen empfangen. dabei erfahren wir einiges über die zwei anderen länder des deutsprachigen raumes. vermutlich findet ein grossteil unserer wahrnehmung von deutschland und österreich über das fernsehen statt.
zumindest ist das bild, das wir z.b. von österreich als grosse kulturnation haben, auch im österreichischen fernsehen klar sichtbar, beim orf ist im vergleich zur srg irgendwie alles walzer. berlusconis tittenkanäle sagen uns viel über die seele des gemeinen italieners. in unzähligen deutschen kanälen erfahren wir alles über deutschland, den wichtigsten handelspartner der schweiz.
dass das umgekehrt nicht funktioniert, halte ich für einen grossen nachteil für die schweiz, erst recht in diesen struben tagen. wäre doch super, wenn sich der gemeine deutsche steuerhinterzieher auf unseren eignen kanälen über den politsichen rückhalt seines tuns informieren könnte. und vielleicht würden sogar eine handvoll mehr ausländer auch nur annähernd verstehen, warum in der helvetischen demokratie in so einem supergau zwar gleich mehrere minister in europa rumtouren, aber keiner richtig der chef ist.
zudem habe ich den verdacht, dass die schweiz auch hier ein sonderfall ist. soweit ich mich erinnere, kann man in hamburg auch dänische und holländische kanäle empfangen. und wenn ein russischer oligarch einen neuen staat gründet... ach, lassen wir das.
zurück zur frage: warum kann man im ausland kein swiss-tv empfangen?
auf meine anfrage schreibt die medienstelle von sf.tv:
Es handelt sich um rein rechtliche Gründe: Wir kaufen für die Ausstrahlung von Spielfilmen zum Beispiel nur die Rechte für die Schweiz ein. Dasselbe gilt für unsere Eigenproduktionen: um sie grenzüberschreitend ausstrahlen zu können, müssten wir auch dafür Rechte einkaufen, die würden aber für eine im internationalen Vergleich kleine Fernsehstation das Budget sprengen.
auf die anschlussfrage, wieviel es denn kosten würde, diese rechte zu erwerben:
Wie viele Millionen wir zusätzlich aufwenden müssten, um im Ausland gesehen zu werden, ist schwer zu schätzen, aber es ist keine Frage, dass sie den Rahmen unseres Budgets bei weitem sprengen würde. Sie müssen sich vorstellen, dass wir täglich Eigenproduktionen ausstrahlen, für jede davon müssten wir dann die weltweiten Rechte beantragen, nicht auszudenken, wie viel mehr wir für die Spielfilmausstrahlung bezahlen müssten. Und last but not least: wir müssten diese Rechte auch noch für französisch und italienisch beantragen, allenfalls sogar für rätoromanisch... es ist also nicht auszudenken!
auf die frage, warum "es" z.b. der orf kann und die srg nicht:
Was die meisten Leute nicht wissen, noch ahnen: Sie empfangen den ORF nicht gratis sondern bezahlen über den Kabelanbieter Konzessionsgelder an den Sender. Und hier gibt es noch einen ganz wichtigen Aspekt: Der ORF hat in etwa gleich viel Gelder zur Verfügung wie die gesamte SRG. Mit einem grossen Unterschied: Die SRG teilt dieses Geld in vier, zum Teil sogar fünf Sprachen auf (zusätzlich zu den vier Landessprachen hat die SRG noch einen englischsprachigen Radiokanal, der sich an die Auslandschweizer richtet). Dem ORF steht das gesamte Budget für eine Sprache zur Verfügung. Das bedenken die wenigsten Leute.
soweit ist das natürlich alles nachvollziehbar und unser sonderfall einmal mehr gut begründet, nämlich mit den kosten.
interessant wäre es aber schon, zumindest eine seriöse schätzung zu kennen. insgesamt gab die srg im jahr 2008 116 mio. für urheberrechte aus, was nur ein kleiner teil des gesamtbudgets von 1.6 milliarden ist. die ganze abrechnung gibts hier.
die idée suisse fertigdenken: öffnung aller srg kanäle in richtung ausland, mindestens für unsere direkten nachbarn.
würde die öffnung der srg kanäle in richtung ausland sagen wir mal 20 mio./jahr kosten, müsste man das zumindest mal prüfen. denn etwa gleich viel zahlt der bund auch an den verband schweiz-tourismus oder an die zuckerrübenbauern. ganz zu schweigen von unzähligen anderen, wirklich kuriosen subventionen, die hier flächendeckend ausgeschüttet werden.
mit einer solchen medienoffensive könnte man das investment bei schweiz-tourismus dramatisch nach oben skalieren, denn die famosen myswitzerland-werbespots würden eine reichweitensteigerung erfahren, die nicht ganz ohne ist.
denkt man die strategie weiter, ist da noch sehr viel luft gegen oben drin. die idée suisse würde im ausland erst recht flügel bekommen, behaupte ich jetzt einfach mal. man könnte sogar die jasssenungen untertiteln, damit die skitouristen aus köln in unseren alphütten auch mitzocken können.
selbst wenn die leutschenbachproduktion jetzt nicht der grosse blockbuster werden wird, sollte man die wirkung von im ausland empfangbarem swiss-tv nicht unterschätzen. immerhin könnten sich unzählige sog. multiplikatoren (journalisten, politiker, investoren, künstleragenten, schriftsteller, touristiker, etc.) ein bild von der schweiz machen, das wenigstens von uns selbst gezeichnet wurde, was in der auslandkommunikation eines landes ein kaum zu bezahlender vorteil ist.
und nein, diese multiplikatoren schauen sich das alles nicht auf dem videoportal von sf.tv an, die mehrheit von ihnen zappt noch ganz old school mit der fernbedienung rum und lässt sich das internet von der sekretärin ausdrucken. das wird, es ist traurig aber wahr, auch noch ein paar jahre so bleiben.
denkbar wäre als low budget variante auch eine art auslandkanal, in dem man kontent, der nicht zu einer innensicht der schweiz beiträgt, einfach weglässt (z.b. spielfilme, aus holland eingekaufte holdrioshows, etc.).
kurz und gut: ich halte die öffnung der srg kanäle in richtung ausland für einen prüfenswerten ansatz.
meine these: auch wenn eine solche medienoffensive 100 oder 200 mio. kosten würde, wäre es für die schweiz ein lohnendes investment. man müsste sogar die umkehrfrage stellen: wie lange kann es sich die schweiz in einer zunehmend hypermedialisierten und globalisierten welt noch leisten, seinen landestypischen tv-output NICHT im ausland zu verbreiten?
ist doch irgendwie kurlig, wenn wir nur die liechtensteiner mitgucken lassen, oder?
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Ein paar kleine Aspekte fehlen meiner Meinung noch in deiner Betrachtung:
AntwortenLöschenSchweizer Fernsehen im Ausland gibt es in 3Sat und TV5, darunter auch eine tägliche Nachrichtensendung. Diese Sender sind auch in den Kabelnetzen der entsprechenden Länder. In ganz Europa via Satellit ist SF Info empfangbar.
Was dir aber offenbar vorschwebt, ist ein Schweizer Vollprogramm, wo sich die Deutschen jeden Abend durchzappen. Da müsste man sicher die Kabelgesellschaften überzeugen und SF Info wäre da wohl nicht attraktiv. SF1? Da steht uns wohl wieder mal der Dialekt im Weg. So bliebe eben doch nur ein Extra-Auslandprogramm rein hochdeutsch.
Aber nicht ohne Filme und Holdrioshows, wie du forderst, denn dann wäre es wieder kein Vollprogramm mehr. Vergleiche mit dem niederländischen Auslandfernsehen BVN, welches auch nicht darauf verzichtet.
Und wer weiss, vielleicht würde Sven Epiney auf hochdeutsch in Deutschland mehr erreichen, als die 500. Erklärung eines Intellektuellen, warum die Schweiz so funktioniert, wie sie nicht funktioniert.
Ich denke, es gibt noch zwei Punkte, die berücksichtig werden müssen:
AntwortenLöschenViele Sendungen im Schweizer Fernsehen sind in Dialekt. Ich denke, dass das Zeilpublikum da eher bescheiden ist (natürlich siehts auf Französisch und Italienisch anders aus).
Zudem ist es mir eigentlich lieber, wenn SF sein Budget in professionelles Fernsehen steckt, als das alles so handgestrickt rüberkommt wie beim ORF, dafür international empfangbar. Hast du schon mal ORF Nachrichten oder das Sportstudio geschaut? Das technische Niveau ist etwa auf Lokalsenderebene bei uns.
@tinu: ich habe natürlich noch viele aspekte nicht beleuchtet ;-)
AntwortenLöschenin 3sat gibts nur wenige sendungen, das ist zu wenig, finde ich. sf info über satellit ist zwar da, aber eben nur satellit und soweit ich weiss nur im abo. das ist gut für heimwehschweizer in australien, aber in europa ist kabel wichtiger.
das problem mit den kabelnetzbetreibern ist lösbar, zumindest die betreiber in den grenzregionen dürften interessiert sein. oder schon nur brüssel – die würden das für die eu aparatschiks wohl aufschalten. oder hotels. etc....
epiney würde in d durchfallen ;-)
@sprain: das dialekt problem kann man mit untertitelung oder simultanübersetzung lösen, wenn arte das kann, können wir es doch auch.
warum der wetterbericht oder das lawinenbuelletin in einem tourismusland immer noch in dialekt kommt, verstehe ich auch nicht.
das zusätzliche budget müsste von der politik separat gesprochen werden. sie wissen ja eh nicht recht, was sie mit der sauteuren "präsenz schweiz" machen sollen.
stimmt, jetzt wo du es sagst, orf ist etwas lützu manchmal...
Ja, wirklich sehr schade.
AntwortenLöschenSchweizer Nachrichten gibt es in der Tat auf 3sat. Werktags irgendwann zwischen null und zwei Uhr nachts. :-)
Dialekt mit Untertiteln wäre eine prima Sache. Besser jedenfalls als simultan auf Norddeutsch drüberzuquatschen, wie das bei den meisten Schweizer Sendungen auf 3sat Usus ist. Ich wage zu behaupten, es wäre interessierten Deutschen und Österreichern sogar zuzumuten, Schweizerdeutsch zu verstehen.
Ähm, kann man die Sendungen auf dem Videoportal im Ausland nicht sehen?
AntwortenLöschenFalls doch, dann geht die Begründung der SRG von wegen «Dasselbe gilt für unsere Eigenproduktionen: um sie grenzüberschreitend ausstrahlen zu können, müssten wir auch dafür Rechte einkaufen» nicht auf...
Die Sache mit dem Dialekt könnte auch ein falsches Problem sein: Wir glauben immer, die Deutschen könnten uns nicht verstehen. In einem schweizerdeutschen Umfeld aufgewachsen müssen wir uns aber auch zuerst an die hochdeutsche Sprache und die zahlreichen Dialekte gewöhnen.
Im Übrigen: Die Idee Suisse hätte noch ein enormes Sparpotential, würden die verschiedenen Regionen verstärkt miteinander zusammenarbeiten (stattdessen sind nicht einmal die Meteokarten die gleichen!)...
Zum Sprachproblem: Ganz Süddeutschland versteht uns ziemlich gut, wage ich zu behaupten. Dazu für das Wichtigste (Tagesschau, Schweizerfilm und so) Untertitel, wird ja nicht so ein Ding sein.
AntwortenLöschenAber auch wenn man alles so belässt: das würde doch nix schaden, und lohnen tut es sich allemal, dann verwechselt wenigstens nicht mehr halb Deutschland Schweizer Standartsprache mit Schweizerdeutsch. Das Fernsehprogramm als Kulturbotschafter.
Die Ausgestaltung "separates Programm oder nicht" halte ich nicht für soo zentral, hängt wohl von mehrern Punkten ab (Dialekt ja/nein, Werbung, Urheberrecht, Aufwand).
Aber könnte schon sein, dass das gar niemand interessiert. Könnte aber auch sein, dass es dem Image der Schweiz gut bekäme, überhaupt präsent zu sein und wahrgenommen zu werden.
als ein in der sache nicht ganz unbefangener, sprich SF-ler im ausland, nur soviel:
AntwortenLöschendie medienstelle von SF hat die anfragen eines bloggers beantwortet - also, wenn das kein anfang ist...
Ich würde das SF gerne empfangen.
AntwortenLöschenIch bin ein Fan der Band Lunik und schaue immer neidisch rüber, wenn es mal wieder Konzerte von denen im TV gibt.
Früher kannte ich einen hilfsbereiten Menschen in der Schweiz, der mir die Konzerte aufgenommen hat und mir dann geschickt hat, leider hat der sich komplett zurückgezogen und meine wertvolle Quelle ist somit versiegt.
Also wenn jemand einen einigermaßen erschwinglichen Trick kennt, wie man das SF in Deutschland über SAT doch empfangen kann...