30. Dezember 2009

blogger und ihr selbstverständnis


bloggen ist eine sehr junge disziplin. im vergleich zur langen tradition des journalismus ist bloggen noch nicht viel mehr als eine kleine episode. allerdings eine, die in wenigen jahren sehr viel staub aufgewirbelt hat. v.a. journalisten sind höchst aufgeschreckt und mahnen bei den bloggern journalistisches handwerk an. und überhaupt, wenn da jeder einfach publizieren kann, dann... ähm... ist das doch einfach ungeheuerlich.

henusode.

aber was ist nun wirklich das selbstverständnis des gemeinen bloggers? darüber wurde in den letzten jahren viel debattiert. nichtendenwollende threads voll von visionen und thesen. ellenlange debatten um moralische ansprüche und publizistische verantwortung. sehr interessant.

jetzt, wo das bloggen aus dem dunstkreis von ein paar insidern heraustritt und social media zur vielversprechenden aufmischung verkrusteter umgangsformen werden könnte, liefert helge fahrnberger, ein blogger-urgestein aus wien, ein auf drei punkte eingedampftes

selbstvertständnis eines bloggers
  1. Der Subjektivität verpflichtet
  2. Interessenskonflikte immer transparent
  3. Quellen nennen

zur frage "wie definieren sie blogs?" sagt er:

Ein Blog ist ein Online-Journal aus der Ich-Perspektive, oft ohne journalistische oder kommerzielle Ambitionen.

so kurz und so präzis hat das schon lange keiner mehr auf den punkt gebracht.
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22. Dezember 2009

das iphone projekt in goldau

10vor10 vom 20.08.2009

medienkompetenz fällt nicht vom himmel wie gebratene tauben in den schoss von investmentbankern. in den schulen war medienunterricht schon immer quasi ganz abwesend. eine lücke, die sich im zug der technischen entwicklung (internetz etc.) zum veritablen krater hochpotenziert hat.

erst recht problematisch wird die situation zu hause. wie sollen eltern ihren kindern medienkompetenz vorleben, die weder eine zeitung lesen noch wissen, was ein browser ist? von dieser sorte gibts en masse. es gibt auch immer noch sehr viele lehrer, deren medienkompetenz im internet sich darin erschöpft, eine e-mail mit einem anhang auszustatten (ferienfotos, stundenpläne werden per post verschickt).

das bildungswesen ist aber nicht die einzige abteilung, die dem medialen tsunami hinterherhinkt. auch die gesetzgebung muss sich auf den verschiedensten stufen neu sortieren (datenschutz, copyright, biometrie, etcpp.). in der wirtschaft stellt das internet auch gerade einige dinge auf den kopf. und dann ist da ja noch dieses social media dings.

es ist kompliziert geworden.

ein kleines, aber sehr erfreuliches licht im tunnel ist das iphone-projekt in goldau. eine ganze (5.) schulklasse wurde mit einem iphone ausgestattet. die idee dahinter:

Damit haben die Kinder jederzeit und überall ein Gerät zur Verfügung, mit dem sie lesen, schreiben, rechnen, zeichnen, fotografieren, Musik und Töne hören und aufzeichnen, telefonieren sowie im Internet surfen und kommunizieren können. Die Kinder sollen das Gerät innerhalb und ausserhalb der Schule als Teil ihrer persönlichen Lern- und Arbeitsumgebung nutzen und damit emanzipiert und kritisch mit zukünftig immer verfügbarer Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) umgehen lernen. > Mehr

in einem blog wird über das regelmässig über das projekt berichtet, was ich sehr spannend finde. schon nach wenigen monaten habe ich als leser dieses blogs das gefühl: das muss man machen. sofort. mit allen kids. was natürlich nicht geht, weil schon allein die lehrkräfte dafür fehlen würden. ganz zu schweigen von den schulbehörden, die sich, wie man hört, noch immer vielerorts per telefonkette zu den sitzungen aufbieten.

in goldau wird aber trotzdem noch gut ein jahr mit dem iphone weiter getestet. dann wird es einige monate dauern, bis ca. 2012 eine auswertung inkl. empfehlung an die zuständige politische instanz geht. dort bleibt sie erstmal liegen, weil die politik auf andere fiasköse hotspots fokussiert ist. und weil sich die politische instanz das internet immer noch hartnäckig ausdrucken lässt, landet das goldstück aus goldau ca. 2014 auf einer harddisk in der aparatschick-zentrale. ausserdem sind iphones bis dahin hoffnungslos veraltet und man muss wieder neu testen.

jetzt einfach mal so als worst case szenario zu ende fatalisiert.

ps: wo wir gerade am steigern der medienkompetenz sind: sf.tv hat einen hervorragenden online lehrgang "grundlagen fürs videofilmen" gemacht.
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21. Dezember 2009

wo gehts hier zum panamakanal?

orientierung fällt schwer in diesen tagen. alles ist etwas durcheinander geraten.

uns bloggern wird ja oft "ein rüder ton" vorgeworfen. aber so rüd wie das qualitätsportal tagesanzeiger/newsnetz sind wir noch lange nicht:


stümper? im titel? das ist hart.

viel härter als das boulevardflaggschiff aus dem gleichen verlag (tamedia) das gleiche thema abhandelt:


unglücksrabe – das ist schon so moderat, dass es von der nzz sein könnte.

oder hat der praktikant einfach die artikel vertauscht?

gut, in diesen vorweihnachtstagen drehen eh alle am limit. die allg. fiaskösen zustände lassen sich dieses jahr auch unter aufbietung zusätzlicher kreditkarten nur bedingt wegshoppen.

aber letzten endes, wer wollte das bestreiten?
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16. Dezember 2009

frisch ab front, heute: kopenhagen


die berichtertstattung aus kopenhagen (ausriss oben von newsnetz) tönt – teilweise – wie kriegsberichterstattung aus weissichnichtwo. das schlimme daran ist, dass wir uns schon fast daran gewöhnt haben. das zweitschlimmste, dass immer öfter keine andere sprache übrigbleibt, als die der kriegsberichterstattung.

das klima bleibt gereizt.
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9. Dezember 2009

lesetipps

was passiert eigentlich genau in diesem internetz? war früher alles besser? hat jemand den überblick? was wird sich verändern? was hat sich schon verändert?

in den letzten tagen gab es zu diesen und weiteren wichtigen fragen ein paar postings, die ich hier gerne weiterempfehle:

1)
frank schirrmacher, mitherausgeber der frankfurter allgemeinen zeitung faz, gibt in diesen tagen ein neues buch heraus: "Payback. Warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu tun, was wir nicht tun wollen, und wie wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen". der spiegel hat ein kapitel daraus vorab veröffentlicht. sehr gelungen ist die gegenrede von sascha lobo unter dem titel "Die bedrohte Elite".

2)
kathrin passig hat einen hochinteressanten aufsatz über technikmuffel und innovationsverweigerer geschrieben: "Standardsituationen der Technologiekritik".
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4. Dezember 2009

bloggerinterviews mit beckedahl, lobo, niggemeier, häusler



der berliner journalist philipp banse hat vier hoch interessante interviews mit prominenten bloggern geführt. ein spannender einblick in die schöne neue medienwelt.

weitere interviews mit sascha lobo, stefan niggemeier und johnny häusler gibts hier.
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3. Dezember 2009

gefakter professor/nzz-korrespondent im club bei sf.tv

ich habe mich am dienstag sehr gewundert, den höchst kruden "orientalisten" heinz gstrein zum wiederholten mal als talkshowgast im club bei sf.tv zu sehen. der mann erzählt jeweils furchtbar schräges zeug und gibt ganz unverblühmt den intellektuell abgeklärten islamophobiker:

«Das Minarett ist in erster Linie ein Zeichen für die Unmenschlichkeit in der muslimischen Welt – genauso wie Hakenkreuze für die KZ und Hammer und Sichel für den Gulag.»


vorgestellt wurde der scharfmacher jeweils als ehemaliger nzz-nahostkorrespondent und professor an der universität wien.

jetzt lese ich etwas konsterniert, dass der typ weder nzz-korrespondent war noch professor in wien. sowohl die uni wien wie nzz chefredaktor spillmann distanzieren sich dezidiert von gstrein und seinen aussagen.

aber es kommt noch dicker:

«Wir haben Herrn Gstrein als Referenten des Initiativkomitees eingeladen, nicht als Professor. Vielleicht wären in diesem besonderen Fall jedoch zusätzliche Recherchen angebracht gewesen», sagt die Leiterin Christine Maier.

mit anderen worten: nicht nur das initiativkomitee hat einen gefakten professor auf tour geschickt, sondern sf.tv hat ihn auch noch ungeprüft adoptiert.

da muss man doch gleich dreimal leer schlucken.

+ + + + +

update: es kommt noch peinlicher für den schlafsaal im leutschenbach: die baz hat den ollen gstrein schon am 28.11.09 als hochstapler enttarnt. trotzdem war es möglich, dass er drei tage später im club auftrat. aber offensichtlich lesen die sf-schurnis die basler zeitung nicht. man fragt sich, ob sie überhaupt etwas lesen über die scharfmacher, die sie in der heikelsten politdiskussion ever mehrmals auftreten lassen.

man fragt sich auch, warum die medien diesen politischen hochstapler erst jetzt enttarnen und ihn monatelang durch die schweiz touren lassen, ohne dass mal jemand in wien oder bei der nzz nachfragt und seine reputation überprüft.

und: dass sich einer so lange in so exponierter weise am rechten rand als nzz-korrespondent ausgeben kann, ohne dass die nzz das merkt, ist auch kaum zu fassen.

schlampiger gehts nun wirklich nicht mehr.
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